Zitronenfest Menton 2016 – Tag 2: Nizza und die Gärten von Menton bei Nacht
Nachdem der erste Tag ja doch recht lang geworden war und auch der heutige Tag in Nizza/Menton dem nicht nachstehen sollte, bestand am Morgen keine Hektik besonders früh raus zu kommen. Es war bereits 10 Uhr, als wir alle gefrühstückt und mit unseren Kameras bepackt das Hotel verlassen hatten. Der Vormittag war heute für Nizza reserviert, denn auch hier würde es sicher einiges zu fotografieren geben.
Nizza gilt als einer der ersten Orte in Europa, der je von Menschen besiedelt wurde, denn man konnte hier Zeugnisse von Siedlungen finden, welche bereits mehrere Jahrtausende alt sind. Belegt ist die Geschichte der Gegend allerdings erst ab dem 4. Jahrhundert v. Chr., als die Griechen diesen Landstrich eroberten. Sie benannten die neue Siedlung nach der Siegesgöttin Nike, was schon verdächtig nach dem heutigen Namen der Stadt Nizza (franz. Nice) klingt.
Unser Weg führte uns zunächst entlang der Avenue Thiers, vorbei am Bahnhof. Große Sehenswürdigkeiten waren hier nicht zu erwarten, dafür aber einige Gelegenheiten für etwas Street Fotografie und ein paar Aufnahmen der z.T. noch schönen klassischen Gebäude, sowie des roten Backsteinbaus der Post. Der Tag begann sonnig und so waren wir alle frohen Mutes, hatten aber auch nicht vor, übermäßig lang auf der verkehrsreichen Avenue Thiers zu verweilen.
Unser erstes Tagesziel war dann auch nicht diese Straße, sondern die nahegelegene russisch-orthodoxe Sankt Nikolaus Kathedrale unweit des Bahnhofsviertels.
Was macht eine russische Kirche nun in Nizza, fragt man sich unweigerlich, wenn man vor der Kirche mit ihren Zwiebeltürmen steht, die wie am falschen Ort platziert scheint.
Tatsächlich sind die Beziehungen zwischen Russland und Nizza schon sehr lang sehr eng, da russische Adlige den Ort für ihre Urlaube oder als Winterresidenz nutzten. Bereits 1859 entstand in der Stadt die erste russische Kirche, die jedoch schon bald zu klein wurde. Der Bau einer neuen Kirche gestaltete sich schwierig, da es an geeigneten Grundstücken in der Stadt fehlte. Schließlich war es Zar Nikolas II. höchstpersönlich, der ein Grundstück für den Bau der heutigen Kirche spendete und so die Errichtung der Kathedrale ab 1903 ermöglichte.
Unweit der Kirche stand zuvor bereits eine kleine Grabkapelle, die einem Sohn von Zar Alexander II. gewidmet war, der 1856 in Nizza verstarb.Der Bau der Kirche zog sich aber ganze 9 Jahre hin, da immer wieder das Geld knapp war und so erstrahlte die Kirche erst 1912 in vollem Glanze.
Uns bot sie heute bei strahlend blauem Himmel ein schönes Motiv. Vor allem aber luden die Bänke im Park ein, etwas in der Sonne zu verweilen und das trübe Wetter in Deutschland zu vergessen.
Ein Blick ins Innere der Kirche durfte natürlich auch nicht fehlen, wenn wir schon mal hier waren.
Entspannt von dem etwas Sonnenschein, ging es dann quer durch die Gassen der Stadt in Richtung Süden, so dass wir auf das Meer zu kamen, denn Pia hatte neben den Fotos noch ein weiteres Tagesziel: ein Hardrock-Café T-Shirt aus Nizza zu erwerben.
Am Strand angekommen (der übrigens recht steinig ist und somit nicht gerade zum Baden einlädt, was einige Leute aber selbst bei diesen Temperaturen nicht davon abgehalten hat), war es bereits Mittags und die Sonne stand recht hoch. Trotzdem wollten wir hier aber ein paar Fotos einfangen, was u.a. beim Beobachten der Leute gelang, oder indem wir uns auf Silhouetten konzentriert hatten – und für Pia gab es da ja auch noch das Wasser…
Ich hatte eine ganz witzige Situation vorgefunden am Strand, wo im Sommer wohl eine Strandbar sein muss. Hier war zwar im Moment kein Geschäftsbetrieb, aber es standen allerlei leere Getränkeflaschen herum, was dann wieder zu einer Bar passte. Es waren solche Details, mit denen wir die Mittagszeit verbrachten.
Auch ein weißer Strandpavillion lud dazu ein, ein paar schöne Bilder mit dem blauen Himmel im Hintergrund ein zu fangen und die hier entlang spazierenden Leute zu fotografieren. Hier entstand eine meiner Lieblingsaufnahmen von der Reise, denn ein Mann mit Hut hatte sich allein auf eine der Bänke gesetzt und schaute in Richtung des Meeres. Zusammen mit dem weißen Pavillion und dem Blauen Himmel ergab dies eine tolle Aufnahme.
Irgendwann war es dann aber Zeit für eine Pause, immerhin hatten wir seit um 10 Uhr nichts mehr zu essen oder trinken gehabt. Zum Hard Rock Café war es nicht mehr weit und so haben wir dort unsere Füße für einem Moment ausgeruht, während uns ein paar kalorienarme Nachos serviert wurden.
Als wir weiter zogen war es dann bereits 14 Uhr, aber es blieb uns noch etwas Zeit in der Stadt, bevor wir am Abend wieder nach Menton wollten.
Die Strandpromenade heißt in Nizza Promenade des Anglais – Straße der Engländer. Dieser Name stammt aus der Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts. In dieser Epoche war Nizza insbesondere im Winter Treffpunkt des europäischen und russischen Hochadels und vor allem der Engländer (ihnen voran Queen Victoria). Sie alle schätzten das milde Klima der Cote d’Azur. Die Urlauber waren zeitweise so zahlreich hier, dass man sprichwörtlich ein Problem haben konnte, hier noch einen Einheimischen zu finden. Der Schriftsteller Alexandre Dumas brachte dies 1851 zum Ausdruck, als er sagte, dass Nizza eigentlich eine englische Stadt sei, in der man ab und so auch mal einen Einheimischen treffe (“.. une ville anglais où l’on rencontrait, parfois, quelques Nicois”). Er sagte auch “Für die Bewohner Nizzas sind alle Touristen Engländer.”. Und es muss ja was dran gewesen sein, wenn man den Engländern den Prachtboulevard am Meer gewidmet hat.
Unser Weg führte uns dann aber bald wieder ein Stück landeinwärts in den Jardin Albert I. und von dort zur Plassa Carlou Aubert. Hier war im Moment recht viel los, denn wie in Menton, feierte man auch in Nizza dieser Tage Karneval und hier standen schon überall die Tribünen und einige überlebensgroße Figuren, die natürlich auch auf Foto gebannt werden wollten.
Von hier sind wir dann in die historische Altstadt eingebogen, die mit ihren kleinen Gassen, charmanten Geschäften und alten Gebäuden für einige Detailaufnahmen herhalten musste.
Heraus kamen wir dann am Blumenmarkt, wo ein Farbenmeer aus Blüten auf uns wartete. Auch der angrenzende Markt mit seinen Fischständen lud zu ein paar Fotos ein. Insgesamt zeigte sich die Stadt heute bei diesem traumhaften Wetter natürlich von ihrer Schokoladenseite und wir hatten wirklich Spaß durch die Gassen zu schlendern.
An der Innenseite der Stadtmauer ging es dann weiter entlang der Rue des Ponchettes, so dass wir an den Felsen kamen, der den Strand vom Yachthafen trennte. Genau in der Kurve mit Blick auf die Stadt und den Yachthafen befand sich dann auch ein schöner Aussichtspunkt, der ideal war, um noch einmal eine kurze Pause machen.
Das Hafenbecken, welches Bassin Lympia genannt wird, wurde 1749 errichtet, zu einer Zeit, als Nizza noch unter Italienischer Herrschaft des Hause Savyoen war.
Hier am Hafen legen unter anderem die Fähren an, die Nizza mit Korsika verbinden, aber dominiert wird das Geschehen von den unzähligen kleinen Booten und den Yachten, bei denen es hier keine kleinen gibt, sondern nur Große, Größere und noch Größere. Geld spielte bei einigen der Boote die wir hier gesehen hatten sicherlich keine Rolle mehr und zahlreiche hatten mehr Fläche an Bord, als unsere Wohnungen groß sind.
Nach einer Runde um den Hafen war es aber auch Zeit, langsam ins Hotel zurück zu kehren, um dort die Stative zu holen, die wir am Abend sicher brauchen würden.
Über die Rue Cassini ging es so zum Place Garibaldi, von wo wir die Tram bis zum Bahnhof genommen hatten, denn schließlich hatten wir heute schon ein paar Meter hinter uns gelassen und wir mussten uns ja noch etwas Kraft für Menton aufsparen.
Es war 16 Uhr als wir den Rückweg antraten und kurz vor 5 Uhr waren wir wieder im Hotel gewesen. Eine knappe Stunde blieb uns dort, um wieder zu Kräften zu kommen, bevor wir – mit Stativen bepackt – uns wieder auf den Weg gemacht und die von gestern schon bekannte Tour mit dem Zug nach Menton zurückgelegt haben.
Gegen halb 7 waren wir dann wieder in der Hauptstadt der Zitronen angekommen, wo gerade die Blaue Stunde in vollem Gange war.
Eigentlich wollten wir jetzt ja erstmal was essen gehen, aber auf dem Weg dorthin blieben wir doch immer wieder bei den sich auftuenden Motiven hängen und machten schonmal das ein oder andere Bild, solang der Himmel noch nicht ganz dunkel war. Schließlich haben wir dann auch was zum Essen gefunden und waren typisch französisch bei einer Asia-Kette essen. Kulinarisch sicher kein Highlight, aber wir waren ja nicht zum Vergnügen hier…
Nach dem Essen sind wir dann bis zur Strandpromenade gelaufen und von dort bis zum Casino, wo sich direkt hinter dem Gebäude der Eingang zu den Jardins Biovès befindet. Hier war heute ab 20:30 Uhr für die Besucher des Zitronenfests geöffnet, denn auf dem Gelände des Gartens sind während des Festivals zahlreiche Skulpturen aus Orangen und Zitronen ausgestellt. Dies begann schon beim Eingang, der – passend zum diesjährigen Motto des Festes – wie ein Kinoeingang gestaltet war.
Wir mussten noch einige Minuten warten, bis wir hinein konnten und schon hier draußen war klar, dass wir nicht wirklich allein auf dem Gelände sein würden, insofern sollte Geduld zum Motto des heutigen Abends werden.
Das Zitronenfest jährte sich 2016 schon zum 83. Mal und die Geschichte dieses Ereignisses geht bis ins Jahr 1895 zurück, als man in Menton diskutierte, wie man auch zur Winterzeit den Einheimischen und Touristen etwas bieten könne. Die Idee einer Parade war schnell geboren und schon bald erfreute sich der Karneval von Menton großer Beliebtheit. Zu jener Zeit war es aber ein Karneval wie viele andere auch gewesen und es gab so keinen großen Unterschied, ob man nun hier oder in Nizza auf die Parade ging, denn beiderorten bestand die Parade aus Musikern, Tänzern und Wagen mit Figuren.
Es dauerte noch bis 1928, als ein Hotelier auf die Idee kam, Mentons Status als Zitronenregion Nummer 1 in Europa zum Thema der Parade zu machen und so war es 1929 schließlich soweit, dass die Zitrone erstmals Thema von Festivitäten war, dies zunächst aber nur innerhalb eines Hotelgartens. Der große Erfolg dieses Versuchs führte dann zu einer Ausweitung des Festivals und 1935 gab es dann das erste offizielle Zitronenfest in Menton – eine Tradition, die sich bis heute fortgesetzt hat.
Das Fest ist dabei nicht nur für den Tourismus und die Wirtschaft ein wichtiger Faktor, sondern selbst die Stadt Menton schafft es, dank der Eintrittsgelder und dem Abverkauf der Früchte nach dem Fest einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften.
Die beiden Hauptattraktionen des Festes sind der Garten (im Jardins Biovès) und die Paraden, wobei beides an bestimmten Tagen bei Tag oder bei Nacht erlebt werden kann.
Wir hatten also heute die Gärten bei Nacht zu Gesicht bekommen und es war wirklich toll, all diese Arrangements zu sehen, auch wenn die Menschenmassen das Fotografieren wirklich zur Geduldsprobe machten, zumal wir mit den Stativen auch immer etwas mehr Platz brauchten. Aber da wir genügend Zeit mitgebracht hatten, gelangen uns auch hier und heute noch ein paar schöne Aufnahmen, denn gerade bei Nacht sind die Figuren nochmal in besonderes Licht getaucht und das ganze präsentierte sich in einer tollen Stimmung.
Zwischendrin habe ich mir etwas Zitronen- und Orangenhonig mitgenommen, sowie einen kleinen Magneten als Souvenir an diesen Fotoausflug.
Um Viertel nach 10 waren wir dann am Ende des Geländes angekommen und durch die ganzen Besuchermassen war unser Drang nicht mehr so groß, nochmal den ganzen Weg zurück zu laufen, zumal wir ja auch schon zahlreiche Aufnahmen im Kasten hatten. Insofern haben wir uns hier beim Ausgang dann für den heutigen Tag vom Zitronenfest verabschiedet und sind zum Bahnhof zurückgelaufen, wo auch gerade passend ein Zug nach Nizza kam.
Am Sonntag sollten wir dann noch ein letztes Mal zurück nach Menton kommen, um uns noch die Tagesparade anzuschauen, zuvor galt es aber erstmal den morgigen Tag zu nutzen. Um dafür die notwendige Energie zu haben, sind wir alle zügig in die Betten verschwunden, kaum dass wir wieder im Hotel angekommen waren.