Zitronenfest Menton 2016 – Tag 1: Lichtermeer und Zitrusfrüchte in der Nacht

Am 18. Februar 2016 war es mal wieder soweit: zum bereits dritten Mal sollte es für unsere kleine Fotogruppe rund um Pia, Andrea, Tamas und mich auf Fototour gehen, nachdem wir 2014 in Kerry (Irland) und 2015 in Lissabon gewesen waren.

Unser Ziel in diesem Jahr war Südfrankreich. Dazu kam es, als ich vor einigen Jahren mal auf Bilder aus dem kleinen Ort Menton (sprich: Mongtong) gestoßen war während des dort  alljährlich stattfindenden Zitronenfest. Seitdem wollte ich dort mal hin und als ich letztes Jahr die Bilder den anderen gezeigt hatte, haben wir beschlossen, dass dies unser diesjähriges Fotoziel sein sollte.

Los ging es am Donnerstag Mittag, wo wir von Luxemburg die knapp 1,5h nach Nizza geflogen sind. Da sowohl Luxemburg als auch Nizza sehr übersichtliche Flughäfen sind, ging auch alles sehr schnell und wir waren vom Flughafen pünktlich am frühen Nachmittag in der Innenstadt von Nizza unweit des Bahnhofs angekommen. Wir hatten uns gegen eine Unterkunft in Menton selbst entschieden, da während des Zitronenfests hier die Preise exorbitant hoch waren. In Nizza hatten wir dagegen eine günstige Unterkunft gefunden, die zwar im etwas verruchten Bahnhofsviertel lag, dafür aber eine gute Anbindung mit dem Zug nach Menton hatte, welches wir in einer halben Stunde erreichen konnten.

Im Hotel angekommen, haben wir den wohl längsten Checkin aller Zeiten hingelegt. Zugegeben es war auch nicht ganz einfach für die ältere Dame  – die im Übrigen sehr nett und zuvorkommend war. Ich hatte mein Zimmer separat gebucht. Die anderen drei waren jedoch auf einer Buchung, mussten aber separat bezahlen. Das löste an der Rezeption schon leichte Panik aus und so kam ich erstmal dran (der einfache Fall). Dann begann das wilde Rechnen: die Frau brabbelte irgendwas von Tourismussteuer rauf oder runter und tippte wie wild auf ihrem Taschenrechner rum. Sie multiplizierte den Rechnungsbetrag, zog was ab, rechnete wieder was drauf und irgendwie ergab dann die Quersumme der Wurzel multipliziert mit PI meinen Zimmerpreis, der fast genauso aussah, wie der Betrag auf der Buchung. Also war ich erstmal durch und ihr könnt euch vorstellen, wie das dann bei den anderen dreien weiter ging…

Jedenfalls waren wir nach einer gefühlten Ewigkeit eingecheckt und sind erstmal auf die Zimmer, um kurz zu verschnaufen, denn bereits heute Abend wollten wir noch nach Menton zum Nachtumzug – wir waren ja schließlich nicht zum Vergnügen hier…

Unsere Zimmer waren an sich geräumig bis auf die winzigen Bäder. Was jedoch wirklich etwas lästig war, war der Geruch, der aus den Abflüssen kam – also musste die Badtür nach Möglichkeit geschlossen bleiben. Ansonsten kann man glaub ich für knapp über 30 EUR die Nacht in Südfrankreich nicht mehr erwarten. Hatte ich erwähnt, dass wir ja nicht zum Vergnügen hier waren?

Gegen 16 Uhr haben wir uns in der Lobby wieder getroffen und noch immer saß die alte Dame an der Rezeption und bekam erneut fast einen Herzinfarkt, als sie uns mit all der teuren Elektronik sah. Was wir denn jetzt noch draußen wollten? Wir sagten ihr unser Ziel, doch wirklich beruhigt hatte es sie nicht, denn sie wurde nicht müde, uns darauf hinzuweisen, wie vorsichtig wir sein müssen hier im Bahnhofsviertel. Wir wussten ja bereits, dass es nicht das beste Viertel der Stadt ist, aber diese Eindringlichkeit war dann doch etwas beunruhigend. Also wurde alles so verstaut, dass wir es einem Dieb so schwer wie möglich machten und dann ging es los zum Bahnhof, der nur 5 Gehminuten entfernt war. Hier haben wir unsere Tickets für die Fahrt nach Menton gelöst und uns dann auf den Weg gemacht, gespannt, was uns heute Abend dort erwarten würde.

Aber allein die Fahrt dorthin war schon sehr schön, kamen wir doch an vielen malerisch am Mittelmeer gelegenen Küstenorten vorbei, so unter anderen an Villefranche-sur-Mer, wo ich 2008 schon mal auf meiner Mittelmeerkreuzfahrt war.

Kurz hinter Monte-Carlo (Monaco) waren wir dann an unserem Ziel angelangt und mussten uns nun erstmal etwas in der Stadt orientieren. Es war fast halb 6 und wir wollten versuchen noch etwas zu essen, bevor wir dann zum Umzug gehen sollten, der um 20:30 Uhr anfing.

Schon als wir die Avenue Edouard VII hinunter zum Meer gegangen sind, fielen uns die ganzen Orangenbäume auf, die hier am Wegesrand stehen. Orangenbäume? Moment mal, wir wollten doch zum Zitronenfest! Aber kein Grund zur Sorge, denn während früher die Zitronen für das Fest tatsächlich noch aus der Region kamen, werden die heute noch jährlich 10 Tonnen Zitronen die in Menton reifen viel lieber zur Zubereitung von Speisen und Getränken genutzt, als sie für Dekorationen auf dem Zitronenfest zu “verschwenden”. Die Zitronen für das Festival kommen dagegen aus Spanien, wo sie kostengünstiger sind und dies macht schon was aus, denn für die 2 Wochen, die das Festival dauert werden viele Zitronen benötigt und viele heißt in diesem Fall sehr viele: über 140 Tonnen der Zitrusfrüchte werden hier jedes Jahr zu Skulpturen zusammengesetzt. Aber das ganze sollten wir ja in wenigen Stunden mit eigenen Augen sehen. Doch zuvor galt es, noch unsere Mägen zu füllen.

Fündig wurden wir hierbei an der Uferpromenade im Bistro chic “Il était une fois”, wo wir passenderweise das Zitronenfestmenü gewählt hatten. Für Andrea und mich wurde dies von einem Grimbergen-Bier aus Belgien begleitet – typisch französisch halt – oder so…

So gestärkt sind wir dann zu dem abgesperrten Bereich für die Nachtparade gelaufen, der sich vom Casino über 2 Blöcke im Carré erstreckte. Die Paraden und Gärten während des Festivals sind nicht öffentlich zugänglich, sondern man benötigt Tickets, um in die Veranstaltungsbereiche hinein zu kommen. Dies ist wahrscheinlich auch gut so, denn wäre es kostenfrei gewesen, wäre es wahrscheinlich noch voller als es eh schon war geworden.

Wir hatten unsere Tickets bereits im Vorfeld online gelöst und so waren wir auch schnell auf dem Gelände, auf dem wir dann auch das erste Mal einen mit Zitronen geschmückten Wagen zu Gesicht bekamen. Es war eine Raubkatze, die hier vor uns aufragte und es war echt beeindruckend, mit welcher Liebe zum Detail der Wagen gestaltet wurde. Die ganze Figur bestand aus Zitronen und einigen Orangen, welche einzeln (!) mit Gummis an einem Gestell befestigt sind.

Das Motto des diesjährigen Festivals war das Kino Italiens der 50er und 60er Jahre. Warum Italien mögt ihr euch fragen, schließlich ist doch Menton in Frankreich, doch die Italienische Grenze liegt direkt am östlichen Ende des Ortes und so hat sich hier eine bunte Mischung aus französischer und italienischer Kultur etabliert. Entsprechend des Mottos waren dann Figuren mit kleinen Fiat 500-Wagen, Casanova-Statuen und Vespas zu finden. Apropos finden – wir brauchten auch noch einen Platz, von dem wir später den Umzug fotografieren konnten und langsam füllte sich das Gelände…

Fündig wurden wir am Place Saint-Roche, wo der Corso später um eine Ecke biegen sollte. Da hier die Straße etwas breiter ist, war unsere Hoffnung, dass sich hier etwas mehr Action abspielen sollte. Also haben wir das getan, wovon wir Deutschen historisch gesehen etwas verstehen: Plätze besetzt und eine Mauer errichtet 😉

Nein, niemand hatte die Absicht eine Mauer zu errichten, aber wir mussten unsere Plätze in der ersten Reihe doch ganz ordentlich verteidigen und es war doch noch fast eine ganze Stunde, bis der Zug sich in Bewegung setzen sollte. Zwischendrin machten wir unfreiwillig immer mehr Bekanntschaft mit Leuten, die uns doch näher kamen, als uns lieb war – wir hätten vielleicht etwas mehr Knoblauch mit dem Essen zu uns nehmen sollen.

Aber wir wollten nicht jammern, schließlich waren wir ja nicht zum Vergnügen da, oder so…

Immerhin hat wir so richtig tolle Plätze als der Umzug sich endlich in Bewegung setzte und die Wagen, Tänzer und Musiker an uns vorbeizogen.

Das Spektakel war einzigartig. Natürlich waren die in der Nacht beleuchteten Wagen aus Zitronen und Orangen das Highlight des Umzuges, aber auch die Musiker und Tänzer waren einfach nur toll. Besonders hatte uns eine Gruppe Trommler gefallen mit ihren LED-Anzügen und ihren Grimassen auf den Gesichtern.

Aber auch einige Tänzer mit weißen, lichtbestickten Kostümen sahen wirklich toll aus.

Fotografisch war das Spektakel aber dann doch eine Herausforderung, schließlich war es mittlerweile Nacht und unsere Motive bewegten sich. Stative halfen hier also auch nicht wirklich weiter und so mussten wir schauen, was wir mit Lichtstärke und höherer ISO aus der Situation machen konnten. Am schwersten hatte es dabei aber Tamas, der noch analog fotografiert und so eigentlich alles auf gut Glück versuchen musste – bis heute wissen wir auch noch nicht, was das Ergebnis geworden ist.

Zwischendrin wurde natürlich auch jede Menge Konfetti verteilt. Teilweise wurde es unter die Leute geworfen, teilweise aber auch mit Windkanonen verteilt. In eine solche kam ich natürlich auch und was soll ich sagen – die machen das Konfetti hier aus Karton – es hat ganz ordentlich wehgetan, mal ganz davon abgesehen, dass Reste vom Feste sich die nächsten Tage noch in allen Kleidungsstücken immer wieder finden sollten.

In Summe hatten wir aber alle viel Spaß beim Umzug und jeder hat ein paar schöne Momente einfangen können, die den Charakter des Spektakels gut wiedergeben.

Rund 40 Minuten brauchte der gesamte Korso, bis er einmal um die zwei Blocks herum war und als wir alles gesehen hatten, beschlossen wir, unsere kostbaren Plätze aufzugeben und uns in Richtung des Meeres vorzuarbeiten, denn nach dem Umzug sollte es gegen 22 Uhr noch ein Feuerwerk geben.

Hierzu sind wir dann an den Strand hinunter geklettert, wo sich schon einige Personen versammelt hatten und pünktlich um 22 Uhr setzte dann auch das Lichterspektakel am Himmel ein. Es war ein sehr schönes Feuerwerk und für einige von uns eine erste Gelegenheit, dies mal fotografisch auszuprobieren (was an sich nicht schwer ist, wenn einmal weiss, wie). Nach guten 10-12 Minuten war das Ganze schon wieder vorüber und wir haben uns langsam auf den Weg in Richtung des Bahnhofs begeben, denn auf keinen Fall wollten wir den letzten Zug zurück nach Nizza verpassen.

Wir hatten unsere Reise extra so gelegt, dass wir heute den Nachtumzug noch sehen konnten, denn er findet nur 1x pro Woche statt und ich muss sagen, es hatte sich mehr als gelohnt, denn einen solchen Umzug hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen.

Am Bahnhof hatten wir uns dann in die stetig wachsende Masse wartender Menschen eingereiht und auf unseren Zug gewartet, der kurz vor 11 Uhr dann kam. Wir hatten Glück und auch auf der Rückfahrt noch einen Sitzplatz ergattert und konnten so während der Fahrt schonmal einen ersten Blick auf die Bilder des Abends werfen, was auf den ersten Blick nach einem kleinen Erfolg aussah.

Zurück in Nizza sind wir dann nur noch schnell in unser Hotel gegangen, wo der Tag dann auch direkt zu Ende ging und wir uns für die morgigen Aktivitäten erholten, schließlich waren wir ja nicht zum Vergnügen hier, oder so…

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