Nordlichter Fotografieren auf der Hurtigruten – Kreuzfahrt
Eine Reise im Winter in den Norden jenseits des Polarkreises, ist zwar einerseits eine Reise in die Welt der Dunkelheit mit kurzen Tagen und langen Nächten, aber auch die Chance auf die Sichtung von Nordlichtern.
Nordlichter entstehen, wenn Partikel aus Sonnenstürmen auf die Atmosphäre der Erde treffen. Durch die Reibung beginnt die Atmosphäre dabei zu leuchten und das in verschiedenen Farben, je nachdem, um welches Gas es sich handelt, was gerade auf die Erde trifft. Grün kommt dabei am häufigsten vor und entsteht durch Sauerstoff.
Um Nordlichter zu fotografieren sollte man am besten an einem Ort sein, der frei von Lichtverschmutzung ist. Städte sind folglich keine gute Ausgangsposition (wobei auch hier Nordlichter beobachtet werden können), da hier viel schneller die Gefahr besteht, dass das Bild im Bereich der Stadtlichter zu hell wird, während die Nordlichter noch immer zu dunkel sind. Hat man einen solchen Ort gefunden, muss man nur noch auf eine sternenklare Nacht warten und dann stehen die Chancen schonmal nicht schlecht. Zum Fotografieren der Nordlichter braucht es nur wenige Grundregeln, wenn man den vielen Ratgebern im Internet glauben darf:
- Stativ benutzen
- Weitwinkelobjektiv (35mm oder weiter)
- Möglichst lichtstarkes Objektiv
- Einstellen der Offenblende (dazu Kamera in den manuellen Modus schalten (M auf dem Wählrad))
- Niedrigste ISO wählen
- Manuell auf Unendlich fokussieren (oder Hyperfokaldistanz, sofern möglich)
- Belichtungszeit zwischen 20 und 30 Sekunden (bei statischem Nordlicht). Bei tänzelndem Nordlicht oder sehr hellem Nordlicht kürzer, wobei dann ggf. die ISO hochgesetzt werden muss.
Das Ganze funktioniert auch sicher sehr gut, solang man sich an Land befindet. An Bord eines Schiffes, z.B. auf der Hurtigrute nach Nordnorwegen sind diese Hinweise jedoch teilweise nicht sonderlich hilfreich. Der Grund dafür ist einfach: man befindet sich auf einem Schiff, welches fährt, vibriert und schaukelt, d.h. alles was man bei einer Belichtung von 20-30 Sekunden erhält, ist ein unscharfer Matsch. Doch es gibt ein paar Hilfestellungen, mit denen ihr dennoch ein brauchbares Endergebnis erhalten könnt.
Hinweis: Alles Nachstehende ist bitte nur als Vorschlag zu verstehen. Es handelt sich hierbei um die Herangehensweise, die sich bei meinen Aufnahmen im Dezember 2015 als brauchbar herausgestellt hat. Natürlich gibt es hier auch andere Wege, die zum gleichen oder sogar besseren Ziel führen.
Grundsätzlich gilt zu sagen, dass man sich bei einer Aufnahme vom Schiff aus von der Vorstellung eines weitgehend rauschfreien, scharfen Nordlichtbildes direkt verabschieden kann, denn das ist faktisch kaum bis gar nicht möglich. Um das Erlebnis überhaupt festhalten zu können gibt es aber ein paar Tipps, die helfen können. Die nachfolgenden Werte sind als Ausgangspunkt zu verstehen. Die Punkte 2,3,4 und 6 der obigen Liste gelten dabei auch auf dem Schiff.
Bei mir kamen folgende Objektive zum Einsatz:
- Olympus 12-40mm f2.8 (=24-80mm Brennweite)
- Panasonic 7-14mm f4 (=14-28mm Brennweite)
- Walimex Pro 7.5mm f3.5 Fisheye (=15mm Brennweite bei einem Blickwinkel von 180°)
Wer im Besitz lichtstärkerer Objektive ist (f2 oder besser) sollte definitiv diese nutzen! Mittlerweile würde ich das Olympus 12mm f2, das Olympus 8mm f1.8 Fisheye und das Laowa 7.5mm f2 für Micro Four Thirds empfehlen.
Da der Schiffmotor gerade im hinteren Bereich des Schiffs Vibrationen verursacht, ist eine Position im vorderen Teil des Schiffes für die Aufnahmen hilfreich. Ein Stativ hilft auch, allerdings ist der Effekt eingeschränkt durch den Wellengang und die Fortbewegung des Schiffes. Ich habe dem Einbeinstativ gegenüber dem Dreibein den Vorzug gegeben, da es
- Weniger Platz wegnimmt (bei Nordlicht ist es an Deck recht voll)
- Man es schneller umpositionieren kann
- Ich es auf meinem Schuh abstellen kann, was die Vibrationen des Schiffs zum Teil kompensiert
Um dann überhaupt akzeptable Bilder hin zu bekommen, müssen die Belichtungszeiten deutlich reduziert werden, so dass das Schiff während der Belichtung sich möglichst wenig bewegt. Dies geht (nachdem ja bereits Offenblende eingestellt ist), nur über eine Erhöhung der ISO. Je nach Stärke des Nordlichts, sind ISO-Werte ab 1600 ISO möglich. Meist wird jedoch ISO 3200 oder gar ISO 6400 notwendig sein. Ich habe auch Bilder bei ISO 12800 gemacht, auch wenn ich wusste, dass die Qualität bei diesen Werten doch rapide abnimmt. Die Aufnahme dann am besten mit 2s-Verzögerung auslösen und dann kurz nach den ersten Bildern schauen, ob die Komposition passt und ggf. korrigieren. Ansonsten hilft nur eines: immer weiter auslösen, in der Hoffnung, dass ein paar halbwegs scharfe Bilder dabei sind. Dabei hilft es, wenn das Nordlicht sich vor oder hinter dem Schiff befindet, da hier die Fortbewegung des Schiffes im Bild nicht so stark sichtbar ist. Nachteilig ist dagegen ein Nordlicht auf der Schiffsseite, insbesondere, wenn die Küste recht nah ist, da hier durch die Fahrt des Schiffs stärkere Verwischungen des Vordergrundes auftreten. Daneben sollte man das Auslösen bei Wellengang so wählen, dass sich das Schiff bei Beginn der Auslösung kurz vor der Wellenspitze und beim Ende kurz hinter der Wellenspitze befindet.
Hinsichtlich der Belichtungszeit müsst ihr einfach mal probieren, da diese stark von der Intensität des Nordlichts abhängt. Bei schwachem Nordlicht brauchte ich ca. 6 Sekunden bei ISO 3200 bis ISO 6400. Bei starkem Nordlicht reichten dagegen 1-2s bei ISO 1600 zum Teil schon aus. Im Schnitt lag ich so bei 2,5-4s bei ISO 3200.
Wenn ihr euch zurück im Warmen dann die Bilder am Rechner anschaut, werdet ihr sicher feststellen, dass die Aufnahmen
- stark verrauscht sind (es sei denn es habt eine der besten Kameras mit einem sehr lichtstarken Objektiv verwendet, wie die Sony A7s II mit einem f1.4er Weitwinkel)
- nicht gerade durch Schärfe bestechen
- einen geringen Kontrast haben.
Dies alles lässt sich nicht vermeiden, wenn man vom fahrenden Schiff aus fotografiert, aber wir können die Probleme in der Nachbearbeitung etwas mildern.
Zunächst widmen wir uns dem Bildrauschen. Gerade bei ISO 6400 und auch bei ISO 3200 ist bei Micro Four Thirds schon ein deutliches Bildrauschen zu sehen. Und bei diesen ISO-Werten muss man schon recht radikal rangehen, um dem Rauschen Herr zu werden. Folgende Einstellungen habe ich hierzu im “Details”-Panel in Lightroom genutzt:
- Beim Schärfen die Maskierung auf einen Wert um 70 setzen
- Luminanzrauschen auf 50 bis 100 je nachdem, wieviel Restrauschen ihr akzeptabel findet
- Farbrauschen und Glätten auf Werte zwischen 50 und 80
Wie durch Magie verschwindet damit fast jedes Anzeichen von Bildrauschen, allerdings auch das letzte Bisschen an Details im Bild. Anstatt verrauscht wirkt das Bild also nun wie glattgebügelt – auch nicht optimal. Deshalb müssen wir nun im zweiten Schritt wieder Details an den Stellen zurückbringen, wo sie ins Bild hineingehören, d.h. i.W. dort, wo die Küste im Bild ist. Der Himmel kann so bleiben wir er ist.
Um Details wiederherzustellen nutzen wir den Korrekturpinsel in Lightroom. Die einzige Einstellung, die für den Pinsel gemacht wird, ist ein Wert von -40 bis -60 beim Rauschen. Mit dem Pinsel geht man dann über die Bereiche des Bildes, in denen sich Landschaft mit Details befindet – auf den Hurtigruten also vorrangig die Berglinie entlang der Küste.
Das Hinzufügen des Rauschens sorgt dafür, dass die Kontur der Landschaft wieder ausgeprägter wird und scheinbare Details wieder da sind, auch wenn sich das ganze bei der 100%-Ansicht eher als Matsch entpuppt. Wunder vollbringen kann diese Maßnahme nicht, aber für kleinere Ausbelichtungen ist das Bild damit wieder nutzbar.
Anschließend fehlt nur noch das Finetuning. Hier habe ich oft:
- die Belichtung um 0,5-1,5 EV angehoben
- die Lichter reduziert (-50 bis -100)
- die Weisswerte etwas erhöht (+10 bis +30)
- Kontrast (+10 bis +40) und Klarheit (+30 bis +70) erhöht
- Dynamik erhöht (+10 bis +30)
Für den letzten Schliff kann man dann noch mit dem Weissabgleich experimentieren. Darüber lässt sich z.B. bestimmen, ob man nur das Grün im Himmel sehen will, oder auch andere Farbschattierungen. Z.T. habe ich auch mit Verlaufsfiltern noch den Weissabgleich an den Rändern außerhalb des Nordlichts etwas anders als direkt im Nordlicht gestaltet.
Am Ende entstehen so wieder recht kontrastreiche Aufnahmen, die zwar noch immer keinen Schärfepreis gewinnen, aber durchaus für kleinere Belichtungen taugen.
Habt ihr noch weitere Tipps? Dann hinterlasst doch einen Kommentar.
Hallo Jens,
probiere doch mal DXO-LABS um das Bildrauschen zu beseitigen.
DXO ist bei der Rauschbeseitigung Markführer durch ihre Prime-Rauschbeseitigung, bei der jedes Pixel, mit bis zu 1000 umliegenden Pixeln verglichen wird. Das Ergebnis ist in
jedem Fall verblüffend und ohne jegliche Schärfenminderung. Auch bei der Aufbereitung von Helligkeit und Kontrast geht DXO andere Wege als Adobe und hat beides in einem Regler zusammengefasst. Gleichzeitig lassen sich aber trotzdem alle Werte einzeln einstellen. Einfach mal ausprobieren und staunen. Durch diese Programm bin ich fast komplett von Lightroom weg gekommen.
Ich fliege am 7.3. nach Bergen und hoffe mal auf so tolle Bilder, wie sie dir gelungen sind.
VG
Karl-Heinz
Hallo Karl-Heinz,
vielen Dank für deinen Kommentar und viel Spaß bei der Reise!
Die PRIME-Rauschreduzierung von DXO kenne ich und in der Tat ist diese viel besser als jene von Lightroom. Allerdings habe ich bislang den Weg gescheut mir deswegen DXO Labs zusätzlich anzuschaffen (die PRIME-Rauschreduzierung ist ja nur in der höheren Variante dabei), da DXO-Labs im Bereich der Bildverwaltung Lightroom bei mir leider nicht ersetzen kann.
Vg
Jens
Hallo,
da ich nicht soviel oder keine Ahnung habe möchte ich Fragen ob man mit einer Canon EOS 600 D auch gute Aufnahmen machen,
mit Objektiv Sigma 18-250 mm?
Hallo Christine,
natürlich kannst du mit der Kamera und dem Objektiv auch gute Fotos machen!
Es gibt allerdings bei der konkreten Kombination ein paar kleinere Einschränkungen, wenn du im Winterhalbjahr mit der Hurtigrute fährst.
Zum einen ist das Objektiv nicht wirklich geeignet um Nordlichter zu fotografieren, da es an Lichtstärke fehlt und auch etwas mehr Weitwinkel hierfür besser wäre.
Zudem wird das Objektiv in der Polarnacht bzw. in der Morgen- und Abenddämmerung schnell an seine Grenzen gelangen, da auch hier die Lichtstärke fehlt.
Tagsüber gibt es aber keinen Grund, warum diese Kombination nicht tolle Bilder einfangen sollte.
Vg
Jens
Hallo, ich habe eine Nikon D3200 mit einem Tamron Objektiv AF18-200 mm F/3,5-6.3. Kann ich damit im März noch gute Nordlichter fotografieren? Ich bin auch noch nicht so perfekt mit der Kamera.
Hallo Reingard,
vielen Dank für deinen Kommentar. Grundsätzlich zählt der März noch zu den guten Monaten, um das Nordlicht sehen zu können.
Für erste Aufnahmen sollte auch deine Kamera geeignet sein. Allerdings wirst du, aufgrund des sehr lichtschwachen Objektivs die ISO recht weit nach oben drehen müssen. ISO6400 und höher sind je nach Wetter keine Seltenheit.
Auch sind die 18mm an APS-C nicht sehr weitwinklig.
Mein Tipp wäre daher für die Reise noch eine lichtstarke Festbrennweite im Bereich 14-16mm zu erwerben (f2.0 oder besser). Das dürfte es deutlich einfacher machen. Die Kamera selbst ist kein Problem, um solche Aufnahmen zu machen. Ein stabiles Stativ ist natürlich auch Pflicht.
Viele Grüße
Jens
Hallo Jens, vielen Dank für das Feedback. Welches Objektiv würdest du mir empfehlen? Ich weiß nicht, ob ich beim Media Markt die richtige Beratung erhalte.
Eine recht preisgünstige Option (rund 400 EUR) ist das SIGMA 16mm F1,4 DC DN.
Etwas flexibler, aber mit rund 770 EUR auch etwas teurer ist das Sigma 18-35 mm/1,8 DC HSM Nikon Art.
Beide sind sowohl optisch als auch von der Lichtstärke ein gutes Stück besser als das 18-200.
Vg, Jens
Hallo Jens, ich habe jetzt beim Media Markt das Sigma Contemporary 16mm f 2.4 DCDN gefunden. Jetzt muss ich nochmal fragen, ob das auch für meine Nikon d3200 passt.Dann würde ich mir das zulegen. FG Reingard
Hallo Reingard,
ich habe nochmal geschaut. Leider ist das Sigma tatsächlich NICHT für die D3200 geeignet, sondern nur für spiegellose Systeme. Von daher passt es leider NICHT. Das 18-35 ist bei Sigma das einzige in dem Brennweitenbereich.
Auch bei Tamron gibt es leider nichts mehr wirklich für die Spiegelreflexkameras. Hatte gerade auch dort nochmal geschaut.
Insofern wird es leider recht eng mit der Auswahl. Sigma hat noch ein 17-50 f2.8 aber das kostet fast soviel wie das 18-35 f1.8, was dann die bessere Wahl ist.
Von daher schwierig zu entscheiden. In dem Fall würde ich es fast lassen an deiner Stelle und mit dem 18-200mm arbeiten. Hier nur drauf achten, dass du bei f3.5 bleibst und nicht noch weiter abblendest, so dass die ISO noch im Rahmen bleibt. Und dann zu Hause mit einer guten Entrauschungssoftware (z.B. DXO PureRaw) das Rauschen aus den Bildern rausrechnen (wichtig: in RAW aufnehmen!).
Vg
Jens
Sorry, Schreibfehler f1.4.
Vielen herzlichen Dank für die tolle Information. Dann werde ich mal mit meinem objektiv ein wenig probieren und dann kann ich mich immernoch entscheiden. VG Reingard
Was für geile Fotos!!
Ich bin bald auf einem der Hurtigrutenschiffe und hoffe auch auf Nordlichter. Wenn ich auch nur annähernd so tolle Fotos machen könnte wie Du, wäre ich schon mega happy
Habe die Sony Alpha 6000 mit dem Sigma 16 mm f1,8 und das Samyang 12 mm f2,0
Ich hoffe, da geht dann was…..
Hallo Barbara,
mit den beiden Objektiven hast du auf jeden Fall gute Chancen. Ich vermute, dass das Samyang dank der Entfernungsskala am Fokusring etwas einfacher in der Handhabung ist, zumal bei Nordlichtern mehr Weitwinkel in der Regel auch besser ist.
Viel Erfolg!
Vg
Jens