Urlaub an der Belgischen Küste – Tag 12: Die Stienestekers von Koksijde

Es sollte warm werden heute – noch wärmer als gestern und wir hatten trotzdem einiges vor, also sind wir heute mal schon um 8 Uhr aufgestanden und hatten früh gefrühstückt. Danach haben wir schnell unsere Sachen vorbereitet für den Tag und sind dann zum Auto, um zum ersten Tagesziel zu fahren, nach Koksijde, knapp 50km von Blankenberge entfernt. Der Ort liegt bereits kurz vor der französischen Grenze, ist aber eher bekannt für seine Krabbenfischer, welche hier bei Ebbe mit Pferden ins Meer ziehen.

Gleichzeitig gibt es auch noch die Gruppe der Stienestekers. Es handelt sich hier um Frauen, welche in ihrer Freizeit ebenfalls auf Krabbenfang gehen.

Nachdem wir unseren Parkplatz im Ort gefunden hatten, haben wir uns schnell zum Astridplein, dem zentralen Platz begeben, wo die ersten Pferde mit ihren Männern und die Stienestekers schon da waren. Wenige Minuten später ging es dann ab an den Strand. Wir standen allerdings vor einem kleinen Problem. Wir wollten Milo nicht die ganze Zeit am Mann tragen, da er da so geschwitzt hätte, also hatten wir den Kinderwagen dabei und Kinderwagen und Sand – sagen wir mal, es ist keine optimale Kombination. Es galt also Schwung zu nehmen und diese nach Möglichkeit nicht zu verlieren, was ganz gut ging, aber trotzdem schweißtreibend war, bis wir endlich den nasseren und damit festeren Sand erreicht hatten. Nun gab es aber ein weiteres Problem – Wasser. Also musste der Kinderwagen dann doch irgendwann stehen bleiben. Milly hatte mich ab dem feuchten Sandabschnitt erstmal vorgeschickt, damit ich schonmal ein paar Fotos machen konnte. Es waren unglaubliche viele Menschen gekommen, um das Spektakel zu sehen, welches heute ja zu einer guten Zeit stattfand, wo fast jeder schon auf den Beinen war. Die Zeiten variieren, da das Krabbenfischen zu Fuß oder mit Pferden nur bei Ebbe geht und man insofern sich nach den Gezeiten richten muss.

Nachdem die Fischer die Pferde mit Körben bestückt und die Netze ausgelegt hatten, sind sie mit ihren Brabanter Pferden losgezogen ins Wasser. Es handelt sich um eine lange Tradition, welche hier von den letzten Fischern ihrer Art noch vollzogen wird, weswegen man diese Art der Krabbenfischerei an der Küste Belgiens auch 2013 in die Liste des immateriellen Unesco Weltkulturerbes aufgenommen hat.

Als Pferde kommen ausschließlich die kaltblütigen Brabanter zum Einsatz, deren Augen aber während der ganzen Zeit im Meer verbunden sieht, so dass sie nicht in Panik geraten, wenn sie kein Land mehr sehen.

Die Stienestekers sind dagegen mit Käschern unterwegs, welche sich vor sich her schleifen. Hierzu werden die Käscher in eine Holzplatte eingesetzt, welche vor dem Bauch getragen wird.

So unterschiedlich die Fangmethoden sind, der erwünschte Fang ist bei Männern und Frauen der Gleiche und nach einer halben Stunde kamen alle zurück an Land. In ihren Netzen befanden sich kleine Fische, Krebse und – und darauf ist jeder aus: Krabben.

Es handelt sich dabei um Nordseekrabben, auch Nordseegarnele oder Strandgarnele genannt. Eigentlich sind es genaugenommen kleine Krebse, doch aufgrund ihres Aussehens zählt man sie zu den Garnelen. Die Farbe der Garnelen ist grau und die meisten waren wohl so um die 5cm groß, auch wenn sie bis zu 10cm groß werden können.

Um die gewünschte Größe der Garnelen zu filtern, wird der Fang zunächst in ein Gitter gepackt und dann gewaschen. Zu kleine Tiere fallen dabei durchs Raster. Vom Rest werden dann noch kleine Fische und Krebse aussortiert, welche nicht zum Verzehr gedacht sind. Auf diese Reste stürzten sich aber sofort die Kinder hier vor Ort, die so ihren eigenen kleine Fang bekamen.

Für uns war es dann auch langsam Zeit, aus der sengenden Sonne heraus zu kommen. Also habe ich den Kinderwagen abermals durch den Sand gerollt und während Milly mit Milo hinterherkam, saß ich bereits im Schatten und wischte mir den Schweiß von der Stirn.

Wir sind dann noch eine kleine Runde am Strand entlang gelaufen, hauptsächlich aber mit dem Ziel noch etwas zu trinken zu kaufen, denn es dürstete uns schon ganz ordentlich.

Danach sind wir zurück zum Auto und haben unser zweites Tagesziel angesteuert, die kleine Stadt Veurne. Eigentlich sollte der Weg dorthin nicht mehr als 15 Minuten betragen, aber heute zog sich die Strecke etwas, da die Garnelenfischer genau den gleichen Rückweg zu ihrem Hof hatten und wir so hinter den Pferdewagen festhingen.

Die Stadt gilt als eine der sehenswertesten in Flandern (abgesehen von den Großstädten), besonders natürlich der Marktplatz, wohin es uns auch zunächst zog.

Der Marktplatz mit seinen kleinen Giebelhäusern wird dominiert vom großen Belfried, dem alten Rathaus, der dahinter liegenden St. Walburga-Kirche und der St. Niklaas Kirche. Letzte hatten wir auf dem Weg zu Markt besichtigt, nicht zuletzt deshalb, weil bei den sengenden Außentemperaturen jede Abkühlung für uns und Milo mehr als Willkommen war. Viel Sehenswertes gibt es von dieser Kirche aber nicht zu berichten.

Am Marktplatz sind wir dann kurz in das alte Rathaus, in dem für eine kurze Zeit belgische Geschichte geschrieben wurde. Veurne hatte im ersten Weltkrieg das Glück zu dem kleinen Belgischen Teil zu gehören, welcher nicht von den Deutschen besetzt war. Man hatte daher das Rathaus hier im Ort kurzerhand zum Hauptquartier der Belgischen Armee umfunktioniert.

Im zweiten Weltkrieg war das Glück dann nicht mehr so auf der Seite der Veurner, denn der Ort wurde von einigen Bomben getroffen und geflutet.

Nach dem Rathaus sind wir dann noch in die (ebenfalls angenehm kühle) St. Walburga Kirche, welche in der Frühgotik entstand und wie so viele Kirchen die letzten 2 Wochen mit ihren Glasfenstern zu beeindrucken wusste.

Für Milo war es allerdings heute viel zu warm und auch uns hatte das Flanieren bei dieser Hitze nicht allzu viel Spaß gemacht. Von daher sind wir nach dem Besuch der Kirche über die Einkaufsstraße wieder zurück zum Auto gegangen und haben uns auf den Weg nach Nieuwpoort begeben, um dort noch etwas zu Essen, bevor es zurück nach Blankenberge gehen sollte. Unterwegs wollte ich dabei noch bei einer Skulptur anhalten, doch meine Internetinformation über den Standort war leider nicht ganz korrekt, so dass wir direkt in den Ort gefahren sind.

Hier war es für Milo Zeit für einen kleinen Snack, während ich kurz ein Stück entlang der Strandpromenade gelaufen bin, an deren Ende ein großes Riesenrad steht.

Es war aber definitiv zu heiß, um hier noch weiter zu laufen. Also hatte ich mal nach einem Restaurant geschaut und auch eines gefunden, zu dem wir dann gegangen sind. Leider entpuppte es sich eher als Kaffee- und Teehaus, so dass wir es bei einem erfrischenden Getränk beließen. Auch meinen Ausflug zur Nachtfotografie in Brügge heute Abend war damit auf Morgen verschoben, was bei der Hitze vielleicht nicht die schlechteste Idee war.

Also ging es nun wieder zurück nach Blankenberge, nicht allerdings, ohne noch 2 kurze Stopps zu machen. Der erste war bei jener Skulptur, welche wir auf dem Hinweg nicht gefunden hatten. Mit einer zweiten Adresse im Netz hatten wir aber mehr Glück.

Das Werk heißt „Le vent souffle où il veut“, was soviel heißt wie „Der Wind weht wie er will“.

Inspiriert von einem Wald hat der Künstler Daniel Buren hier zahlreiche Wettermasten aufgestellt. Die einzelnen Windsäcke (nennt man das so??) sind dabei in verschiedenen bunten Farben gehalten, die sich vor dem heutigen blauen Himmel wunderbar absetzten.

Nach diesem kurzen Fotostop ging es nur wenige Minuten weiter zum Ortausgang von Nieuwpoort, wo sich ein etwas ernsteres Denkmal befindet. Hier wird der gefallenen Soldaten im Ersten Weltkrieg gedacht. Der Ort markiert dabei gleichzeitig jene Linie, an der man den Vormarsch der deutschen Armee gestoppt hatte. Ähnliche Denkmäler befinden sich entlang der gesamten Westfrontlinie von damals und in jedem steht eine Statue von König Albert I.

Die Deutschen konnte hier seinerzeit aufgehalten werden, da man durch die Nutzung der Schleusen das Land unter Wasser gesetzt hatte und so einen Puffer schuf. Negativer Seiteneffekt war dabei, das Nieuwpoort dem Wasser zum Opfer viel.

Ich beließ es aber auch hier bei einem kurzen Fotostop, auch wenn das Museum unter dem Denkmal sicher ein Besuch wert ist, aber Milly und der Kleine warteten im Auto, wo die Klimaanlage für etwas bessere Temperierung sorgte, während ich meine Fotos machte.

Nun aber ging es endgültig ab nach Blankenberge, wo wir uns erstmal im Hotel frischgemacht hatten, um direkt danach wieder los zu ziehen, um was zu Essen.

Eigentlich wollten wir ins Restaurant Ten Doele, wo es allerdings keinerlei Platz mehr gab. Auch die anderen Restaurants in der Nähe sahen recht voll aus, doch im Blankendyn fanden wir noch einen Tisch.

Ich hatte mir dann ein Bierchen und Kroketten als Vorspeise bestellt und Milly ein Toniq und als Hauptspeise sollte es für Milly Muscheln und für mich einen Schmortopf geben. Irgendwas lief heute in dem Restaurant aber von grundauf schief, denn selbst für die Getränke mussten wir über 20 Minuten warten und die Vorspeise kam erst nach gut 45 Minuten. Dabei wirkte das Personal zunehmend hektischer und gestresster. Als „Höhepunkt“ wurde uns dann nach der Vorspeise (allerdings auch nur auf Nachfrage, da wir die Unruhe mitgekommen hatten) eröffnet, dass wir heute keine Hauptspeise mehr bekommen würden, da man Probleme mit der Gasversorgung hat.

Es war mittlerweile bereits 21 Uhr und kein anderes Restaurant hätte uns jetzt noch was serviert, insofern waren wir schon etwas geknickt, aber wirklich enttäuschend war dann, dass man außer einer lapidaren Entschuldigung uns nichts entgegen gebracht hatte. Wir hatten also unsere Getränke und die Vorspeise voll bezahlt und sind mit weitgehend leerem Magen wieder losgezogen. Kundenservice sieht für mich dann doch anders aus und vielleicht denkt man sich hier auch, dass die Gäste ja eh nicht nochmal kommen, was sie bei uns auch definitiv erreicht hatten.

Über die Strandpromenade sind wir dann zurück gelaufen und Milly hatte sich unterwegs noch eine Bratwurst geholt. Zur Frustbewältigung gab es dann noch eine Lütticher Waffel bei unserem Lieblingsstand in der Einkaufsstraße, bevor wir nur noch ins Hotel und dann ins Bett gefallen sind.

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