Reisebericht Kenia 2011 – Ein afrikanisches Sommermärchen. Teil 5: Von Luo Felsen und Grad Null

Einmal genau am Äquator stehen – sicherlich etwas besonderes für die meisten Menschen. Genau diese Gelegenheit hat sich heute geboten gepaart mit einem Besuch beim heiligen Felsen der Luo. Zu guter letzt habe ich Verwandtschaft des US-Präsidenten getroffen, der ja bekanntlich einen kenianischen Vater hatte, der auch Luo war. Die Oma des Präsidenten lebt noch heute in der Nähe von Ndori.

Inhaltsverzeichnis Reisebericht Kenia

Teil 1: Anreise nach Kenia Teil 9: Fahrt in die Masai Mara Teil 17: Mwazaro Beach
Teil 2: Kisumu Teil 10: Masai Mara Teil 18: Mwazaro Beach
Teil 3: Familienbesuch in Ndori Teil 11: Masai Mara Teil 19: Mombasa
Teil 4: Impala Sanctuary Kisumu Teil 12: Bei den Masai Teil 20: Mwazaro Beach
Teil 5: Kit Mikayi und Äquator Teil 13: Masai Mara Teil 21: Mwazaro Dorfbesuch
Teil 6: Schulen in Kenia Teil 14: Lake Nakuru Teil 22: Ramisi Delta Mangrovenwald
Teil 7: Ndori Teil 15: Lake Nakuru / Lake Naivasha Teil 23: Mwazaro Beach
Teil 8: Kibuye Markt Kisumu Teil 16: Zugfahrt nach Mombasa Teil 24: Rückreise

11.08.2011 17:45 Uhr in Kisumu

Und wieder neigt sich ein Tag dem Ende zu, diesmal allerdings ein ziemlich verregneter. Bereits am heutigen Morgen hatte es ordentlich geregnet und der Regen sollte uns auch den ganzen Tag mehr oder weniger erhalten bleiben, was schade war, denn heute wollten wir ein wenig die Umgebung von Kisumu erkunden. Hierzu haben wir unseren Fahrer vom Dienstag nochmal für einen Tag engagiert und auch Sarah war heute wieder mit von der Partie, denn sowohl Milly als auch Sarah waren noch nie an diesen Orten in ihrer Nähe gewesen.

Als erstes ging es am Morgen nach Maseno, einem kleinen Ort 20km nordöstlich von Kisumu. Der Ort selbst ist zum einen durch seine Universität bekannt, zum anderen ist er Geburtsort von Raila Odinga, einem bekannten Luo-Politiker und zum dritten verläuft bei Maseno der Equator. Letzteres war dann auch der Grund hierhin zu fahren, nämlich um total tourimäßig ein Foto auf dem Equator zu machen. Das GPS der Kamera hat dabei auch 0 Grad und 0 Minuten angezeigt, d.h. der Equator muss wohl hier sein 😉

Mehr als diese Metallstatue gibt es hier auch nicht zu sehen und da es recht unangenehm geregnet hatte, wurde es nur ein sehr kurzer Stop und dann ging es auch schon weiter, wobei weiter nicht das richtige Wort ist, denn zunächst mussten wir erstmal ein Stück wieder zurückfahren bis zur Kreuzung, wo die Straße in Richtung Ndori/Bondo abzweigt. Dieser Straße sind wir dann bis zum Kit Mikayi gefolgt, einer Felsenformation, die den Luos heilig ist.

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Dort angekommen wurden wir erstmal in eine Hütte geführt, wo man uns die Preisliste gab. Für Kenianer waren 100 Schillinge fällig und ich musste 300 zahlen zzgl. 200 fürs Fotografieren. Die rund 24 EUR fürs Filmen haben sie sich dann doch nicht getraut zu verlangen. Nachdem das erledigt war, wurden wir durch einen Guide Stück für Stück durch den Felsen und auf den Felsen hinauf geführt.

Kit Mikayi bedeutet „Felsen der ersten Frau“. Dies lässt sich zum einem auf die Anordnung der Felsen zurückführen, die der der Häuser in einem Luo-Homestead entspricht (siehe mein Tagebucheintrag zu Tag 2) und zum anderen auf Sagen, wovon ich mittlerweile 2 kenne.

Die eine Sage handelt von einem Mann und seiner Frau, die in der Nähe der Felsen lebten. Der Mann war jedoch wie besessen von den Felsen und fing an sie so sehr zu lieben, dass er schließlich jeden morgen zu ihnen aufbrach und erst spät in der Nacht wieder zurückkehrte. Seine Abwesenheit blieb natürlich nicht unbemerkt und die Leute im Dorf fragten seine Frau wo er sei, worauf sie antwortete, er sei bei seiner ersten Frau.

Eine zweite Geschichte erzählt ebenfalls von einer Frau und ihrem Mann, wobei der Mann sich eine weitere Frau nehmen wollte. Die erste Frau war darüber so traurig, dass sie immer zu den Felsen kam und dort weinte, daher der Name Felsen der ersten Frau.

Noch heute kommen Menschen hierher, um zu beten, nur welche der beiden Geschichten die Wahre ist, konnte mir heute zumindest niemand sagen.

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Im Felsen selbst soll wohl ein heiliges Wasser sein. Ich habe dies zwar nicht ausprobiert, jedoch war es auf jedenfall gut bewacht durch ganze Scharen von Fledermäusen.

Als wir einmal durch den Felsen durchgegangen waren, kamen wir auf der anderen Seite mit einer schönen Aussicht wieder hinaus. Hier ist alles sehr ländlich und so entsprechen auch die Behausungen rund um den Kit Mikayi noch in Teilen dem traditionellen Muster.

Das Klettern auf den Felsen war nicht ganz ohne, da man gut auf seinen Tritt aufpassen musste, schließlich gab es weder einen wirklichen Weg, noch eine Sicherung, falls man abrutschen sollte. Dennoch war es die Aussicht wert, dort hinaufzusteigen.

Auf dem Abstieg vom Felsen konnten wir schon einige Frauen singen hören und als wir schließlich wieder unten angekommen sind, haben sich die Frauen des Dorfes zu einem kreisförmigen Tanz zusammengefunden, wo sie mich, den Mzungu, dann kräftig besungen haben auf das ich ihnen möglichst viel Geld da lassen möge. Zum einen wurde ich dann von Milly genötigt mich in den Kreisverkehr einzusortieren und zum anderen hat sie mir dann eröffnet, dass die Frauen solang im Kreis singen und tanzen werden, bis jeder von uns etwas Geld in die Mitte geworfen hat. Gleiches hatte dann natürlich auch der Guide erwartet, der uns durch die Felsen geführt hat.

Das ganze Ereignis des ungelenkigen und vom Taktgefühl völlig befreiten Mitteleuropäers in einer Gruppe singender Afrikaner wurde von Milly auch dankenswerter Weise auf Video festgehalten:

Insgesamt war der Besuch am Kit Mikayi es absolut wert gewesen. Es war nicht nur interessant, sondern auch witzig und die Aussicht vom Felsen ist wirklich schön. Im übrigen waren weder Milly noch Sarah vorher mal dort gewesen, d.h. da muss ich Touri kommen, um den beiden ihre eigenen traditionellen Stätten zu zeigen 😉

Nach diesem Besuch ging es dann erstmal weiter bis nach Ndori, wo wir Millys Vater und Milly’s Schwester Marcy für die weitere Tour mitgenommen haben, denn die nächste Station sollte das kleine Dorf Kogelo sein. Kogelo ist wohl eines der bekanntesten Dörfer in Kenia, denn hier wohnt eine ältere Dame, die einen sehr berühmten Enkel hat: Sarah Obama. Sie ist eine der Großmütter väterlicherseits vom US-Präsident Barack Obama. Die Fahrt nach Kogelo erwies sich, obwohl nur 4km lang,  jedoch als recht beschwerlich, da es meist keine gepflasterte Straße gab und so zogen sich die wenigen Kilometer doch zeitlich sehr in die Länge. Als wir schließlich dort angekommen waren, galt es die nächste Hürde zu überwinden, den Wachmann, denn Sarah Obama empfängt Gäste normalerweise nur noch nach Anmeldung. Hier kam jedoch Millys Vater ins Spiel, den Millys Eltern waren früher mal Nachbarn der Obamas und so konnte Millys Vater anrufen und wir wurden dann auch unangemeldet noch hineingelassen. Das Anwesen ist für hiesige Verhältnisse riesig und neben Kühen und Hühnern finden sich auch ein paar Truthähne hier, was ich bislang sonst noch nirgends hier gesehen habe – vielleicht eine Amerikanische Erinnerung?? Alles machte jedenfalls einen sehr gepflegten Eindruck und es erscheint mir sicher, dass dies auch durch Mithilfe von Sarah Obamas Enkel so geworden ist.

Sarah Obama hat uns dann in einem kleinen Raum empfangen, in dem allerlei Erinnerungsstücke zu finden sind, u.a. Fotos von der Familie aber auch ein Wahlplakat von der Senatorenwahl Barack Obamas. Sie selbst ist eine noch rüstige alte Frau und die ehemaligen Nachbarn haben sich erstmal ausgetauscht. Englisch hatte sie leider nicht verstanden (auch mit President Obama muss sie sich über einen Dolmetscher unterhalten). Zu guter letzt durften wir gegen eine kleine Spende auch noch zwei Erinnerungsfotos mit ihr machen, die ich jedoch aus rechtlichen Gründen hier nicht zeigen kann.

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Obamas Vater ist übrigens auch auf dem Grundstück begraben. Obama ist der Sohn seines kenianischen Vaters und seiner aus Hawaii stammenden Mutter, wurde jedoch in den Staaten geboren. Seinen Vater hatte er viele Jahre nicht gesehen und hatte später auch durch den frühen Tod keine Chance mehr, ihn besser kennenzulernen. Nach dem Tod seines Vaters hat Obama dann auch seine Familie in Kenia besucht, um seine Wurzeln zu erkunden. Dieses Jahr soll er wohl auch wieder zu Besuch kommen (ob die deshalb wohl die Straße machen?).

Nach der Tour des heutigen Tages hatten wir alle recht guten Hunger und so sind wir zurück nach Ndori, um dort etwas zu essen. Das Essen war jedoch nicht so super toll (Ziege) und für Milly hatten sie gar übernichts mehr da gehabt. Im Anschluss sind wir dann noch kurz bei der Mutter einer Freundin aus Deutschland vorbeigefahren. Sie hatte sich auch sehr drüber gefreut! Kurz darauf war es dann aber auch Zeit wieder heimzufahren. Unser Fahrer war glaub ich auch heilfroh, denn von den ganzen Schlammpisten sah das Auto nicht gerade mehr sauber aus und auf ihn wartete noch die Reinigung.

Damit sind wir wieder zurück im Hotel nach einem verregneten aber dennoch interessanten Tag bevor es morgen wieder nach Ndori geht.

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