Kerry, Irland – Eine Fotoreise: Tag 3 – Lückenlöcher und der Ring of Kerry
Der letzte volle Tag in Kerry war nun schon angebrochen und heute waren wir drei wieder allein unterwegs.
Nachdem wir den gestrigen Tag fast komplett auf Valentia Island verbracht haben, sind wir heute ein wenig südlich von Portmagee gefahren. Leider schien uns das Wetter auch an diesem Tag zunächst mal keinen Gefallen zu tun, denn der Himmel präsentierte sich am Morgen in recht einheitlichem Grau, aber immerhin regnete es nicht.
Bei solch einem Wetter kann man aber recht gut einen Friedhof fotografieren, denn die Bewölkung sorgt für diffuses Licht, was hilfreich ist, um Details in Grabsteinen herauszuarbeiten, Damit stand dann auch unser erstes Tagesziel fest. Wir sind dazu in die St. Finian Bay gefahren in den Ort Keel, nahe dem Glen Beach, wo wir am ersten Abend waren. Hier liegt inmitten der Wiese ein alter Friedhof mit einer Kirchenruine. Es handelt sich dabei um die Killemlagh Catholic Church, einen Bau aus dem 12. Jahrhundert (einige Quellen sagen auch 16. Jhd – einigen wir uns darauf, dass es lang her ist). Angeblich soll hier früher vor der Kirche ein Kloster gewesen sein. Direkt neben dem alten Bau ist ein neuerer, wobei auch dieser bereits eine Ruine ist. Dieser zweite Bau entstand um 1840.
Der Friedhof ist mit tiefem Gras bewachsen und wenn man hier durchgeht muss man höllisch aufpassen, dass man nicht in ein Loch tritt, denn das Hohe Gras verbirgt alle Bodenunebenheiten.
Die Ruine mit den vielen alten Gräbern bot uns schöne Fotomotive, an denen wir uns fast eine Stunde ausgetobt hatten. Typisch für die Gräber hier ist das Keltenkreuz, welches auch irisches Kreuz genannt wird. Es erinnert an unsere typischen Kreuze, hat aber noch einen Ring um den Schnittpunkt der beiden Balken. Die Gegend rund um Kerry gilt als Geburtsort dieser Kreuze. Der große typische Ring ist allerdings nur wenige Jahrhunderte Teil des Kreuzes gewesen, genauer gesagt vom 8. bis 12. Jahrhundert. Seitdem wird er eigentlich nicht mehr verwendet.
Der Friedhof bot uns die Gelegenheit viele kleine Details zu fotografieren und so ein Stück Vergangenheit auf Fotos festzuhalten, bevor es weiter ging zum nächsten Halt des Tages.
Doch zuvor haben wir Michael daheim noch einen Kurzbesuch abgestattet und so auch seine Frau kennengelernt.
Danach sind wir einmal komplett auf die andere Seite der St. Finian Bay gefahren an einen Ort nahe Ardkeragh, wo es einen kleinen Strand mit markanten Steinen im und am Wasser gab. Hier hieß es dann wieder die Stative rausholen, denn diese Felsen im Wasser boten sich natürlich für Fotos mit dem Graufilter an . Abwechslung bot zudem ein kleines Rinnsal, welches über einen Miniwasserfall (und Mini ist hier wörtlich zu nehmen) ins Meer floss.
Wir waren hier fast fertig und ich wollte noch ein Foto machen, als plötzlich mein Stativ den Geist aufgab. Ein Bein war einfach mal so abgebrochen… Das hieß natürlich für den Rest der Tour, dass ich aus der Hand fotografieren musste, was bei Tageslicht aber auch nicht so schlimm war. Am Abend sollte ich wieder ein Stativ haben, denn ich hatte vorgesorgt und 2 Stative mit auf die Reise genommen.
Von hier aus sind wir dann weiter dem Ring of Kerry nach Süden gefolgt, wobei der Himmel sich zunehmend auflockerte und sich damit fast das Wetterspiel von gestern wiederholte.
Nächster Stopp war ein Aussichtspunkt am Beenarourke Pass. Hier merkten wir dann auch, dass wir auf einer touristischen Route angekommen waren, denn es erwartete uns ein großer asphaltierter Parkplatz. Dies soll aber nicht den Ausblick abwerten, den wir von hier über den Atlantik hatten bei einer ordentlichen Briese Wind. Hier entstand aber auch eines der Wörter, die diese Reise geprägt haben: „Lückenlöcher“. Dieses Wort kam ganz spontan, als wir die sich immer wieder aufkommender Löcher in der Wolkendecke gesehen hatten, durch die die Sonne ein wenig aufs Meer kam und damit eine tolle Lichtstimmung erzeugte. Wenn ich im folgenden also von Lückenlöchern spreche: ihr wisst was ich meine.
Nach dem kurzen Halt ging es weiter zum südlichsten Punkt der heutigen Tour: nach Cnocan Nua, wo sich nochmal ein Ausblick auf Meer und die vorgelagerten Inseln bot und im Vordergrund die Felsen und das vom Winter noch braune Gras einen Kontrast bildeten.
Es war mittlerweile fast 15 Uhr gewesen und langsam stellte sich auch die Erschöpfung und die Notwendigkeit einer Pause ein. Von daher sind wir langsam umgekehrt und zunächst mal auf gleichem Weg wieder ein Stück zurück gefahren.
Auf halben Weg zwischen Cnocan Nua und dem Beenarourke Pass bot sich nochmal die Gelegenheit zum Halten. Im Gegensatz zum vorherigen Stop, war das Gras hier schon grün und im Vordergrund schlängelten sich kleine Straßen durch die hügelige Landschaft, während über dem Meer ein Lückenloch nach dem anderen erschien.
Von hier hatten wir es nur wenige Kurven weiter geschafft, bis wir alle plötzlich in Schnappatmung verfielen, denn über dem Meer bildete sich gerade solch ein Prachtexemplar von Lückenloch, wie es schöner kaum sein konnte. Insofern haben wir nichtmal mehr den Beenarourke Pass erreicht, sondern musste schon vorher wieder anhalten.
Es war wirklich magisch, wie die Wolken hier an einem Punkt plötzlich aufreißen und die Sonne aufs Meer trifft und unsere Gefühl sagte uns, es könnte sogar noch besser werden, wenn es so weitergeht.
Auf dem Weg zurück sind wir dann bis Ballinskelligs gefahren, wo es einen kleinen Strandabschnitt gibt mit einer Ruine, dem Ballinskelligs Castle. Die Ruine wird auch als McCarthy Mór Castle bezeichnet, nach ihrem Erbauer, der das Gebäude im 16. Jahrhundert errichten lies. Es diente damals als Schutz der Bucht vor Piraten und als Zollstelle für Handelsschiffe.
Wir haben hier zunächst einmal kurz verschnauft bei einem Stück Kuchen und Kaffee, bevor wir noch ein paar Fotos gemacht haben, allerdings gab die Lichtstimmung in dem Moment gerade nicht viel her – keine größeren Lückenlöcher waren in Sicht.
So sind wir nach einigen Fotos weitergefahren in Richtung St. Finians Bay und plötzlich schien der Himmel sich doch wieder aufzulockern. Es war eine ganz surrelale Stimmung, denn die Wolkendecke leuchtete quasi förmlich und ab und zu ließen die schon vermissten Lückenlöcher den Sonne bis aufs Meer. Hier mussten wir schnell einen Platz zum Anhalten finden und dann liefen unsere Kameras alle heiß, denn sekündlich änderte sich das Licht und bot immer neue Ansichten der bedrohlichen Wolkendecke, der grünen Wiesen im Vordergrund und den Skelligs am Horizont.
Von der Situation eingenommen hatten wir alle Erschöpfung beiseite geworfen und es gab nur noch ein Ziel: näher ans Wasser zu kommen. Und so sind wir einen winzigen Straße nochmal ein gutes Stück nach Süden gefolgt, bis wir einen schönen Platz für etliche weitere Bilder gefunden hatten dabei lockerte die Bewölkung nochmals weiter auf und der blaue Himmel kam durch und damit sogar noch die Hoffnung auf einen schönen Sonnenuntergang am Abend. Doch erstmal gab es hier kein Halten mehr. Etliche Panoramen und HDR-Aufnahmen habe ich geschossen und jedesmal, wenn ich wieder auf die gleiche Stelle im Meer blickte, schien sich das Licht schon wieder verändert zu haben. Dies war definitiv das Highlight des Tages und keiner von uns kaum hier glaub ich ohne eine dreistellige Anzahl von Bildern raus.
Schließlich aber mussten wir uns irgendwann loseisen von der faszinierenden Szenerie und sind nach etwas über einer Stunde voller Lückenlöcher und Lichtstrahlen weitergefahren in Richtung Portmagee. Unterwegs haben wir noch kurz auf einer Anhöhe kurz vor Portmagee angehalten, von wo sich ein schöner Blick über die sich anschließende Talebene und Valentia Island bot.
In Portmagee angekommen hatten wir alle die berechtigte Hoffnung, in Kürze noch einen schönen Sonnenuntergang zu sehen zu bekommen. Von daher sind wir schnell eingekehrt, um schon mal was zu essen, denn nach dem Sonnenuntergang wäre es wahrscheinlich schon zu spät gewesen.
Nach einer Stunde Pause ging es dann also ein letztes Mal für den Tag los und um nicht zu weit fahren zu müssen, sind wir nochmal rüber nach Valentia Island und sind bereits beim Telegrafenkabel wieder zum Stehen gekommen, denn die nun vorherrschende Abendsonne tauchte die Landschaft in ein völlig anderes Licht als gestern.
Im Anschluss sind wir nochmal an die gleiche Stelle gefahren, wie gestern zum Sonnenuntergang. Doch, wo wir gestern so enttäuscht wurden bis auf den kurzen Durchbruch der Sonne, bot sich heute ein viel schöneres Bild, wenn auch am Horizont erste Wolken auftauchten, die uns das große Finale zu nehmen drohten. Dennoch war die Stimmung erstmal gut und wir sind langsam bis zu den Klippen nach vorn gelaufen. Mit jedem Schritt wurde dabei auch der Wind zugiger und frischer und baute sich mehr und mehr zu einer steifen Brise auf.
Aber es hatte sich gelohnt, denn die tiefstehende Sonne tauchte die Insel in warmes diffuses Licht und die Wiesen im Vordergrund sorgten für Bilderbuchmotive.
Wie befürchtet, blieb das große Finale am Ende dann doch aus, aber als wir Viertel nach 8 unsere Sachen packten, waren wir dennoch mehr als zufrieden mit dem Tag gewesen. Insofern sind wir glücklich in die Pension zurückgekehrt, um den Akkus etwas Strom zu gönnen und haben dann beschlossen, noch auf ein Pint in den Ort zu laufen – eine fatale Entscheidung (wie wir morgen merken sollten).
Im Ort haben wir dann auch noch Michael und seine Frau wiedergetroffen und so blieb es dann nicht bei einem Pint und es war auch kein kurzer Stopp mehr, sondern schon Mitternacht, als wir endlich unsere Betten gesehen hatten.
Damit ging ein fantastischer Tag zu Ende und es blieb uns noch die Aussicht auf den morgigen Vormittag, bevor es zurück in die Heimat gehen sollte.