HDR und Panoramen in Capture One 22 Pro – Eine Alternative zu Lightroom / ACR?

In diesem Jahr habe ich ja (für mich selbst überraschend) meinen RAW-Konverter gewechselt. Statt bislang Lightroom ist nun bei mir Capture One Pro im Einsatz.

Es gab jedoch zwei Punkte, für die ich weiter auf Lightroom bzw. Adobe Camera Raw (ACR) zurückgegriffen habe:

  • Panoramen und
  • HDR

Mit der nun veröffentlichten Version Capture One Pro 22 halten diese beiden Funktionen nun auch Einzug in Capture One. Als dies bekannt gegeben wurde, war meine Begeisterung groß, denn nun war ja die Chance da, auch hier auf Lightroom / ACR verzichten zu können. Grund genug also, sich das Ganze einmal anzuschauen.

Natürlich bleibt dabei der Vergleich zu Lightroom nicht aus, denn genau dieses soll ja durch diese Funktionen ersetzt werden bei mir und klar ist auch: dabei will ich mich nicht deutlich verschlechtern. Ich vergleiche aber auch ein wenig mit PTGui/Panoramastudio Pro (für Panoramen) und Aurora HDR (für HDR), denn der Preis für Capture One 22 (für das Upgrade) kann ich auch sowohl Panoramastudio Pro als auch Aurora HDR kaufen (beide Programme besitze ich ebenfalls).

Panoramen in Capture One Pro 22

Im Vergleich sind die Panoramen bei mir der häufigere Anwendungsfall, daher will ich damit auch beginnen.

Die Erstellung eines Panoramas in Capture One ist denkbar einfach. Man selektiert die Bilder, klickt mit der rechten Maustaste und wählt „Stitch to Panorama“ aus. Alternativ kann man für die Funktion auch eine frei wählbare Tastenkombination hinterlegen. Soweit so gut und einfach.

Im Anschluss öffnet sich ein Dialog, in dem eine Vorschau des Panoramas berechnet wird.

In Capture One stehen für die Berechnung von Panoramen 4 Projektionsmöglichkeiten zur Verfügung. Neben den aus Lightroom bekannten Projektionen sphärisch, zylindrisch und perspektivisch gibt es zusätzlich auch noch die Panini-Projektion.

Mehr ist hier immer besser, da je nach Aufnahme mal die eine oder andere Projektion ein etwas natürlicheres Ergebnis liefert. Insofern ein erster Pluspunkt für Capture One.

Das Generieren der Vorschauen ist grundsätzlich ok und in etwa mit Lightroom vergleichbar, sofern die Panoramen nicht zu groß sind. Bei mehrreihigen Panoramen mit vielen Bildern, ist Lightroom dann aber doch ein gutes Stück schneller.

Schön ist, dass wenn man zwischen den Projektionen wechselt und man zu einer bereits ausgewählten Projektion zurückkehrt, sich diese noch im Speicher befindet, so dass keine erneute Vorschau erzeugt werden muss.

Darüber hinaus sind die Einstellungen sehr überschaubar, denn man kann lediglich noch die Ausgabegröße des Panoramas reduzieren.

D.h. es gibt keine Möglichkeiten durch Zerren oder inhaltsbasiertes Füllen leere Bildteile zu füllen, was im Vergleich zu Lightroom tatsächlich eine starke Einschränkung ist. Wenn ich mich aber recht erinnere, kam diese Verbesserung auch in Lightroom erst in einer späteren Version, so dass Hoffnung besteht, dass auch Capture One hier noch nachlegt. Aktuell ist dies aber ein großer Nachteil, da dies bedeutet, dass man, sofern die fehlenden Bereiche nicht einfach mit dem Klonwerkzeug gefüllt werden können, man doch wieder einen Pixel-Editor wie Photoshop braucht, was ich ja eigentlich genau mit der HDR/Panorama-Funktion in Capture One vermeiden will.

Das Zusammenfügen des finalen Panoramas ist dann ebenfalls zeitlich mit Lightroom vergleichbar – auch hier wieder mit Ausnahme größerer Panoramen, wo C1 sich deutlich mehr Zeit genehmigt (mein Vergleichsrechner ist ein Dell XPS 1570 mit Intel I7, 32GB Ram und Nvidia GTX1050Ti).

Nun aber zum Wichtigsten: den Ergebnissen. Das Stitching der Panoramen ist (meistens) gut geworden in Capture One. Selbst bei schwierigen Übergängen im Nahbereich (ohne Nutzung eines Nodalpunktadapters) ist die Überblendung der Nahtstellen halbwegs gelungen.

Capture One geht dabei einen anderen Weg als Lightroom. Lightroom hat zwischen den Bildern einen harten Versatz, d.h. Fehler sind recht abrupt im Bild sichtbar. Capture One versucht dagegen diese Stellen zu vermischen. Bei kleineren Abweichungen funktioniert dies tatsächlich auch recht gut, bei größeren Bereichen sieht es dagegen etwas unschöner aus. Auch bei Ghosting Effekten ist die Variante in Capture One deutlich unschöner.

Hier sieht man, wie Capture One eine nicht passende Stelle überblendet (das Panorama war Freihand aufgenommen aus kurzer Distanz, d.h. der Fehler im Stitching ist kein Fehler in Capture One, sondern der Aufnahme geschuldet!!). Lightroom hat hier im Vergleich dazu meist harte Kanten. In diesem Fall ist die Capture One-Version besser als die seitens Lightroom erzeugte.

Es gibt allerdings auch Panoramen, bei denen Capture One schlichtweg ein unbrauchbares Ergebnis produziert. Bei dem nachstehenden Panorama fällt auch, dass es plötzlich einen deutlichen Helligkeitsunterschied im linken Bildrand gibt. Auch gibt es massive Stitching-Fehler links. Das gleiche Panorama wurde hingegeben in Lightroom mit nur minimalsten Fehlern (die muss man wirklich suchen) zusammengesetzt und auch ohne Schwankungen in der Helligkeit. Das Panorama wurde dabei sogar mit einem Nodalpunktadapter aufgenommen, so dass auch das keine Ursache der Probleme sein kann. Auch PTGui setzt das Panorama (hier sogar ganz ohne Fehler) automatisch korrekt zusammen.

Wie auch Lightroom hat leider Capture One ebenfalls Probleme mit Horizontlinien. Diese sind manchmal so abgestuft, dass das Ergebnis nicht sehr schön ist. Hier half auch in Lightroom oft nur der Weg in eine echte Panoramasoftware wie Panoramastudio Pro.

Dieses Panorama ist ein HDR-Panorama, d.h. erst wurden die Belichtungsreihen in Capture One zusammengesetzt und dann das Panorama kreiert. Leider zeigen sich auch hier deutlich mehr Stitching-Fehler als in Lightroom. Während die Fehler im Vordergrund aufgrund der Tatsache, dass die Aufnahme Freihand erfolgt zu erwarten sind, sind die Fehler im Bereich des Ufers, der Brücke und der Bergkette nicht wirklich akzeptabel. Lightroom hat hier lediglich im Vordergrund ähnliche Probleme wie Capture One, setzt aber den Rest korrekt zusammen. Zudem spart man in Lightroom immens Zeit, da HDR-Panoramen in einem Schritt erzeugt werden können.

Was etwas besser geht in Capture One als in Lightroom sind Fisheye-Panoramen. Lightroom versagt hier in der Regel komplett, während es bei Capture One meist funktioniert. Die Ergebnisse sind jedoch eher bescheiden, da Capture One keine Korrektur der Fisheye-Verzeichnung vornimmt.

Insofern würde ich am Ende sagen, dass es in Bezug auf das Zusammenfügen der Bilder bei sehr einfachen Panoramen ein Gleichstand ist, wobei mal Lightroom eine kleine Ecke besser ist und mal Capture One. Perfekt ist hingegen keines der beiden Programme. Bei komplexeren Panoramen ist Capture One in der aktuellen Version hingegen noch nicht da wo es sein sollte. Hier bleibt zu hoffen, dass hier nachgebessert wird.

Dies ist eines der wenigen Beispiele, die ich in meinem Test finden konnte, bei denen Capture One ein besseres Ergebnis als Lightroom erzeugt hat. Lightroom hat bei diesem Panorama einen sehr hässlichen dunkleren Streifen am Bildübergang produziert.

Die Ausgabe des Panoramas erfolgt – wie in Lightroom – als DNG, was klasse ist, da man so weiterhin alle Bearbeitungsmöglichkeiten wie in einer RAW-Datei hat. Allerdings fällt auf, dass die Dateien aus Capture One knapp doppelt so groß sind, wie jene aus Lightroom. Und bei Panoramen kann das schnell bedeuten, dass ein einzelnes Panorama mehrere hundert Megabyte mehr auf der Festplatte einnimmt. Dies verlangsamt natürlich auch Ladezeiten, Backupzeiten etc. Auch hier sollte Capture One nachbessern.

Gut ist hingegen in Capture One, dass man die Lücken im Panorama mit dem Reparaturpinsel bzw. dem Klonwerkzeug noch auffüllen kann (je nach Komplexität des Motives). Dies ist etwas, was Lightroom nicht kann (aber auch nicht wirklich braucht, da man dort die Ecken ja vorab durch eine inhaltsbasierte Füllung oder Strecken schließen kann).

Insgesamt ist der erste Wurf in Sachen Panorama eher eine Beta-Version, denn ein echtes Produkt für den Verkauf. Sowohl die Qualität, als auch die Geschwindigkeit und der Funktionsumfang sind noch nicht ausgereift genug, um es tatsächlich für meine Zwecke einzusetzen. Lightroom ist sicher auch nicht perfekt, aber ca. 95% meiner Panoramen kann ich ohne Probleme dort zusammensetzen. Die restlichen 5% gehen dann in eine echte Panoramasoftware (diese 5% haben in meinen Tests oft auch in Capture One nicht funktioniert).
Bei Capture One ist es hingegen aktuell noch zu viel Zufall, ob das Zusammensetzen wirklich funktioniert oder nicht.

Daher ist es aktuell noch kein Ersatz für Lightroom.

HDR in Capture One Pro 22

Leider zieht sich das Bild aus der Panoramaerstellung auch bei den HDRs durch bzw. wird sogar noch schlimmer.

Fangen wir aber mal bei dem Positiven an:

Die Erstellung ist denkbar einfach. Man wählt die Dateien aus, klickt mit der rechten Taste in der Browser-Leiste und wählt „Merge to HDR“.

Die dann erscheinenden Optionen sind sehr übersichtlich. Man kann wählen, dass die Bilder automatisch ausgerichtet und die Belichtung automatisch angepasst werden sollen. Das war es dann aber auch.

Eine Vorschau bei HDR gibt es nicht und auch keine Einstellungen, um Ghosting-Effekte zu vermindern.

Der Berechnung selbst ist recht zügig (vergleichbar mit Lightroom).

Die Ergebnisse haben mich jedoch enttäuscht. Und das obwohl ich erst recht zuversichtlich war, denn im Bereich von Bäumen und Ästen sah es zunächst noch ganz gut aus (eine der Schwachstellen in Lightroom). Allerdings sind dafür andere Bereiche nur sehr schlecht ausgerichtet (Freihand-HDR). Erstaunlicherweise sind dies Bereiche, wo ich gar keine Überblendung erwartet hätte, da hier ein Bild klar alle Informationen hatte und das zweite Bild keinen Mehrwert lieferte. Trotzdem wurde dies aber verwendet und so überblendet, dass unscharfe Bildbereiche entstehen und zum Teil sehr unschöne Artefakte im Bild. Letztere ähneln Lightrooms Artefakten im Bereich von Baumlaub, nur dass sie hier in völlig unnötigen Bildbereichen auftauchen.

Die Probleme werden dabei geringer, wenn man statt 3 nur 2 Bilder zum Überblenden nimmt und natürlich, wenn die Aufnahme vom Stativ erfolgte. Trotzdem gibt es auch hier die entsprechende Probleme.

Das es jedoch keine Option für das Ghosting gibt, ist wirklich schade.

Insgesamt sehe ich hier die Funktion in Capture One daher ein gutes Stück hinter Lightroom. Lightroom tut sich zwar bei Bäumen und Ästen sehr schwer, ist aber sonst doch recht präzise, was die Überblendungen einhergeht. Auch die Auto-Einstellungen in Lightroom geben einen besseren Startpunkt, als dies bei den HDR-Bildern aus Capture One der Fall ist.

Was übrigens erstaunlich ist, ist, dass obwohl Lightroom als auch Capture One ein 24bit DNG ausgeben, allerdings die Dateien in Capture One deutlich größer sind (bis zu doppelt so groß). Und leider lassen sich Lightroom HDR-DNGs auch weiterhin nicht in Capture One lesen. Beides sollte hier nachgearbeitet werden.

Insgesamt ist dies leider damit nicht ganz die erhoffte Ablösung für die Lightroom-Funktion in meinen Augen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Capture One hier nachlegt und die Funktion weiter verbessert.

Und was ist mit HDR-Panoramen?

Um es kurz zu machen, eine Funktion, welche in einem Schritt ein HDR-Panorama erzeugt gibt es in Capture One nicht. Es geht nur über den Umweg, erst die HDRs zu erzeugen und dann daraus ein Panorama zusammen zu setzen. Das Ergebnis ist zwar das gleiche, aber leider mit einem Zwischenschritt und unnötigen temporären Dateien und damit auch sehr viel zeitaufwendiger als in Lightroom.

Fazit

Grundsätzlich sind beide Tools eine sehr sinnvolle Ergänzung für Capture One, denn sie ermöglichen es, ohne auf die Vorteile eines RAW zu verzichten, Panoramen und HDR-Aufnahmen zu erstellen.

Leider ist diese erste Version jedoch aus meiner Sicht noch nicht der ganz große Wurf – insbesondere wenn man dabei auch den Preis betrachtet. Während bei Panoramen das Stitching noch weiterer Verbesserung bedarf, sowie eine Funktion zum Strecken/Füllen der Ecken/Kanten fehlt und die Möglichkeit direkt HDR-Panoramen zu erzeugen, ist es bei HDR-Bildern tatsächlich so, dass die Qualität der Ergebnisse noch gar nicht passt (insbesondere bei Freihandaufnahmen). Bei den Panoramen ist die Qualität immerhin in einfachen Fällen hingegen schon recht gut und mit Lightroom vergleichbar.

Letztlich habe ich mich daher entschieden, mit dem Update auf Capture One 22 erstmal zu warten, denn außer diesen beiden Funktionen hat sich nicht allzuviel verändert. Vor allem sind die bisherigen Bugs zu HEIC-Dateien weiter vorhanden und auch die Unterstützung bei DNG-Dateien hat sich nicht verbessert, was HDR-DNGs und Super Resolution DNGs aus Lightroom/ACR angeht.

Es ist jedoch ein Anfang und wer weiß, was Capture One hier noch an Verbesserungen mit den kommenden Versionen bringt. Insofern soll dieser Artikel nicht Capture One 22 schlecht machen, sondern einfach die Unterschiede und Verbesserungspotentiale aufzeigen. Für mich ist diese erste Version noch nicht gut genug, um auf Lightroom / ACR in diesen Punkten zu verzichten – für andere Nutzer mögen die Einschränkungen dagegen weniger zutreffend sein. Ich bin nachwievor überzeugt von Capture One, nur in diesen Punkten bedarf es für meine Zwecke noch einer Nachbesserung, bevor ich die Funktionen für einsatzbereit halte, denn im Moment ist es gefühlt eher Zufall, ob es funktioniert oder nicht.

Übrigens: ich habe als Beta-Tester diese Fehler natürlich auch an Capture One adressiert zusammen mit Beispieldateien. Ich will hier also nicht nur rummeckern, sondern versuche auch aktiv an der Beseitigung der Probleme mitzuwirken, auch wenn das Zeit für mich kostet. Am Ende habe ich aber ja das Interesse eine möglichst gute Software zu erhalten. Insofern kann ich jeden nur ermutigen (egal bei welcher Software), den Softwareherstellern Feedback zu geben und Fehler zu adressieren.