Das neue Lightroom CC – ein erstes Fazit
Knappe 2 Wochen ist es nun her, seitdem Adobe seinen neuen Weg mit Lightroom vorgestellt hat. Seitdem heisst das bekannte Lightroom nun Lightroom Classic und eine weitere Desktop Applikation – Lightroom CC – ist hinzugekommen.
Der Unterschied zwischen den beiden Versionen ist, dass ich bei Lightroom Classic zwar Bilder in die Cloud laden kann, aber nur in verringerter Auflösung. Die Betonung liegt aber hier auf „kann“. Lightroom CC hat dagegen als Grundprinzip, dass alle Bilder, die über diese App importiert werden, in voller Auflösung ins Internet übertragen werden. Natürlich sind auch die aus Lightroom Classic hochgeladenen Fotos (Sammlungen bzw. in CC heißen diese Alben) in Lightroom CC vorhanden – nur halt nicht in voller Auflösung.
Ich habe Lightroom CC vor allem installiert, um zu schauen, ob es auf meinem Surface Pro 4, welches ich auf Reisen nutze ggf. Lightroom Classic ablösen oder unterstützen kann. Mein Fazit hier schonmal vorab: Leider wird dies mit dieser ersten Version kaum möglich sein. Trotzdem lohnt es sich weiterzulesen, denn neben einigen Problemen zeigt Lightroom CC auch einige gute Ansätze und mit denen fangen wir jetzt einmal an:
Die positiven Seiten
Die Oberfläche von Lightroom CC ist sehr aufgeräumt. Keine 4 Panele die man ein- und ausblenden kann wie in LR Classic, sondern einige wenige Buttons, hinter denen sich die ganzen Funktionen befinden. Insbesondere mit dem Touchscreen des Surface Pro lässt sich diese Version doch etwas besser bedienen. Allerdings gibt es auch in Lightroom Classic eine versteckt eingebaute Oberfläche für Geräte mit Touchscreen, welche allerdings vieles vermissen lässt (so gibt es dort nur eine Einzelbildanzeige).
Ein neuer Anzeigemodus erlaubt es in CC dabei die Bilder abhängig von ihrer Breite anzuzeigen. Panoramen werden also breiter angezeigt als normale Bilder- Ich finde den Look zum einen sehr modern und auch praktisch, da in LR Classic gerade Panoramen bis zur Unkenntlichkeit verkleinert waren in den Kacheln der Bibliotheksansicht. In Summe ist die Oberfäche gut strukturiert und leicht bedienbar. Die klassische Übersicht gibt es aber trotzdem auch noch in Lightroom CC.
Meine Alben aus LR Classic waren auch nach einer ersten Synchronisierungsphase recht zügig verfügbar und so kann ich jetzt diese Bilder auch auf dem Surface Pro bearbeiten, ohne dass ich dazu den Katalog von meinem Hauptlaptop benötige. Soweit- so gut.
Ein weiteres Highlight der Oberfläche ist die Suche. Dies ist kein Suche im klassischen Sinn, sondern eine Suche, die auf Adobe Sensei basiert, einem System mit künstlicher Intelligenz. Ich kann also einen beliebigen Begriff eingeben und Lightroom CC sucht sofort nach passenden Bildern. Gebe ich also Brücke ein, werden mir Brückenbilder angezeigt. Das ganze dauert einen kleinen Moment, da die Anfrage online bearbeitet werden muss und auch die Suchergebnisse variieren doch ganz erheblich. Gebe ich z.B. Brücke ein, erhalte ich viel weniger Ergebnisse als bei der Eingabe von Bridge. Auch passen nicht immer alle Ergebnisse. Trotzdem ist dies eine spannende Technologie, die es in Zukunft obsolet machen könnte, noch Stichwörter zu vergeben.
In Summe wirkt alles ein wenig aufgeräumter, was aber zu einem großen Teil auch daran liegt, dass es viele Funktionen in Lightroom CC schlichtweg nicht gibt. Und damit wären wir dann auch schon bei den negativen Punkten.
Die negativen Seiten
In Summe gibt es zwei große Bereiche, bei denen Lightroom CC derzeit noch große Schwächen hat:
- Fehlende Funktionalitäten, die ich in meinem Workflow benutzte
- Strukturelle Schwierigkeiten, die die Zusammenarbeit mit Lightroom Classic erschweren
Fangen wir mit den fehlenden Funktionen an:
- Es ist nicht möglich, Dateien umzubenennen (mache ich sonst immer direkt bei Import)
- Gleiches gilt für das Ändern der Zeit, was für das synchronisieren mit GPS-Tracks wichtig ist. Aber eigentlich ist dies kein Problem weil eine…
- Synchronisation mit GPS-Tracks nicht mgl. Ebenso kann man auch nicht manuell Positionen zuweisen
- Es gibt keine Stichworthierarchien und Stichwörter von CC werden nicht nach LR Classic übernommen. Eine aus meiner Sicht völlig sinnfreie Einschränkung. Wer keine Hierarchien mag, oder wem es zu aufwendig ist, konnte auch in Classic darauf verzichten. So wird aber hier ein Bruch erzeugt, der die beiden Systeme klar voneinander trennt und inkompatibel in diesem Punkt macht.
- Keine Farbmarkierungen mehr (nur noch die Flaggen und Sterne). Die Farbmarkierungen nutze ich bislang, um Panoramen, HDRs und veröffentlichte Bilder zu kennzeichnen. Aber auch hier eigentlich kein Problem, denn
- HDR und Panoramen sind in Lightroom CC nicht implementiert
- Es gibt keine Funktion, die nach der Bewertung eines Bildes (Vergabe von Sternen oder Flaggen) direkt zum nächsten Bild springt. Dies verlängert den Auswahlprozess doch ungemeint.
- Ordnerstrukturen können nicht vorgegeben werden
Die hiergenannten Punkte sind nur eine Auswahl derer, die ich besonders störend finde. Es gibt noch viele weitere Funktionen, die hier nicht vorhanden sind, wie z.B. Bilderstapel.
Mein Hauptzweck der Nutzung mit dem Surface Pro in Lightroom besteht jedoch darin,
- Bilder zu importieren
- umzubenennen
- Zeitstempel zu synchronisieren
- Panoramen und HDRs farblich zu markieren und zusammenzusetzen
- Stichwörter zu vergeben
- Bilder zu bewerten
Bis auf den ersten und letzten Punkt ist dies alles in Lightroom CC derzeit (noch) nicht möglich. Insofern ist die Nutzung von Lightroom Classic auf dem Surface Pro weiterhin die einzige Option.
Neben diesen schlichtweg fehlenden Funktionen gibt es aber auch noch einige strukturelle Schwächen:
Lightroom CC lebt in der Cloud, d.h. Ziel ist es, die Bilder nicht mehr auf der Festplatte zu haben. Dies ist prinzipiell auch ok, zumal ich die Bilder ja auch wieder nach Lightroom Classic laden kann und sie dann lokal vorhanden sind (nur halt nicht in Ordnerstrutkuren). Leider reichen für eine vernünftige Nutzung die 20GB Speicher im normalen Abo bei weitem nicht aus. Insofern verdoppelt sich mal eben der Preis, wenn man auf ein TB-Speicher erweitern möchte. Übrigens würde auch das noch nicht reichen, um all meine Fotos online zu haben. Hierfür wären dann rund 3 TB notwendig, also knapp 40 EUR im Monat – ganz schon viel Geld für ein Hobby.
Daneben ist es aber auch so, dass Bilder, die nicht im Cache von Lightroom CC vorhanden sind, erstmal heruntergeladen werden müssen und das dauert – länger als mir lieb ist. Selbst mit einer 100 Mbit-Leitung merke ich hier doch eine deutliche Verzögerung von mehreren Sekunden sowohl in der Galerie- als auch in der Einzelbildansicht. Insgesamt wird Lightroom CC daher viel behäbiger als sein Klassik-Bruder. Eigentlich schade, sollte doch CC eigentlich die entschlackte Version sein, die folglich mehr Geschwindigkeit bieten sollte.
Das zudem Stichwörter zwischen den beiden Versionen (Classic und CC) nicht synchronisiert werden bzw. Hierarchien von Stichwörtern in CC sogar verloren gehen finde ich wie oben schon erwähnt eine ziemliche Katastrophe, da es gerade das Verwalten eines Kataloges von mehreren Geräten unnötig erschwert.
Ebenso ist es schade, dass weiterhin nur von einer Lightroom Classic-Installation Bilder online hochgeladen werden können. Insofern ist auch hier kein Austausch von Bildern möglich.
Ich fände es daher schon fast charmanter, wenn Lightroom den Katalog in der Cloud synchronisieren würde, ggf. zusammen mit allen erstellten Smart Previews. Das würde das Zusammenspiel von mehreren Rechnern deutlich vereinfachen.
Ein erstes Fazit
Lightroom CC zeigt einige gute Ansätze, ist aber in Summe kein Produkt, mit dem sich ein bisheriger Lightroom-User, der mehr als nur die absoluten Basisfunktionen nutzt anfreunden kann. Zu gro0 sind einfach noch die funktionalen Lücken und zu gravierend die Mängel im Zusammenspiel beider Versionen. Wenn es nach mir ginge, hätte man
- CC mit seiner Überfläche in Classic als Option integrieren,
- den Katalog und alle Presets online synchronisieren und
- die Sensei Suche aus Classic heraus aktivieren sollen für alle Bilder in der Cloud.
Dies hätte einen deutlichen Mehrwert geschaffen und nicht die User gezwungen, sich für eine Version/Variante zu entscheiden. Aber vielleicht führt der Weg von Adobe ja noch in diese Richtung – man weiss ja nie.