Reisebericht Ostküste: 05.05.2007 – Bei den Pilgrims in Plymoth

Nach 2 Tagen in Boston sollte es heute mal ins Umland gehen und dafür habe ich einen der geschichtsträchtigsten Orte der USA ausgewählt – Plymouth. Und um gleich Fragen vorzubeugen – nein, ich habe mich nicht verschrieben in der Überschrift. Die Pilgrims schrieben Plymouth vielfach Plymoth, da es zu der damaligen Zeit noch keine verbindliche Rechschreibregeln gab.

Nach gut einer Stunde Fahrt von Boston kamen wir in Plymouth an. Insgesamt gibt es dort drei Sehenswürdigkeiten: die Mayflower II, Plymoth Rock und die Plymoth Plantation. Begonnen haben wir mit der Mayflower II.

Nachdem ich meine 30 USD Eintritt für die Mayflower II und die Plymoth Plantation entrichtet hatte, ging es zunächst mit ein paar Infotafeln los. Auf diesen Tafeln erfährt man etwas zu den Themen Navigation, Bau der Mayflower II und den Schiffspassagieren. Die Mayflower II ist eine originalgetreue Nachbildung der Mayflower, die 1620 mit den Pilgrims, den ersten europäischen Siedlern, in Amerika landete. Was später mit dem Originalschiff passiert ist, weiß keiner. Es verschwand 1624 aus der Geschichte.

Danach ging es dann auf das Schiff. Auf dem Schiff selbst gab es Museumsangestellte und Rollenspieler, die Besatzungsmitglieder der Original-Mayflower spielten. Letztere sprachen auch das Englisch aus jener Zeit, so dass man schon sehr genau hinhören musste.

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Die Schiffe dieser Zeit wurden meisst von Firmen bezahlt, die in der Neuen Welt ihr Glück versuchten. Die Passagiere an Board – die Pilgrims – arbeiteten für die Company und mussten folglich ihre Erzeugnisse nach Europa schicken. Am Ende des Schiffes war die Schlafkabine des Kapitäns. Warum? Die Frischluft kam von hinten und so hatte der Kapitän immer die beste Luft. Je nach Fahrt konnte es sein, dass dort zusätzlich der erste Offizier oder der Unternehmer der Fahrt dort mit schlief.

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Wenn man auf dem Schiff nach einem Steuerrad auf Deck sucht, wird man nicht fündig werden. Ein Steuerrad besaßen die Schiffe damals noch nicht. Stattdessen hab es einen Steuerknüppel. Dieser war jedoch auch unter Deck. Der Steuermann hatte damit nie eine Ahnung wie es draußen aussah. Er war völlig auf den navigierenden Offizier angewiesen und befolgte dessen Anweisungen.

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In einem anderen Teil des Schiffs begegnete uns dann noch ein Schauspieler, der einen Segler seiner Zeit spielte. Eine echt komische Type, der nachdem er herausgefunden hatte, dass wir aus den sogenannten „German States“ kamen (Deutschland / Germany gab es ja im 17. Jahrhundert noch nicht) so alleilei Gemisch aus mittelalterlicher Geschichte und Seemannsgarn erzählte. War auf jeden Fall lustig.

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Nach dem Schiff ging es weiter zum Plymoth Rock, der Stelle, an der die ersten Pilger 1620 an Land gegangen sind. Die Stelle markiert heute eine Art griechischer Tempel, der einen Fels mit der Jahreszahl 1620 beherbergt.

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Nach einem kurzen Frühstück ging es dann weiter zur Plymoth Plantation. Diese ist gut 3 Meilen vor der Stadt Plymoth. Man hat hier versucht sowohl ein originalgetreues Pilgrim-Dorf als auch eine Siedlung der Wampanoag-Indianer aus der Zeit der Pilgrims zu erbauen.

Die erste Station ist dabei ein Dorf der Wampanoag Indianer. In dem Dorf arbeiten noch heute echte Indianer dieses Stammes. Sie leben tagsüber das traditionelle Leben ihrer Vorfahren, d.h. sie bauen Schiffe, pflanzen Gemüse an usw. Während dieser Arbeiten beantworten Sie geduldig die Fragen der Besucher, sowohl über das heutige als auch das frühere Leben ihres Stammes.

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Die Winterzelte der Indianer war aus Baumrinde hergestellt, die auf ein Gerüst aus dünnen Baumstämmen liegen. Der Bau eines Hauses dauerte 2-3 Wochen, es wurde dann aber bis zu 10 Jahre bewohnt. Nach Ablauf dieser Zeit zogen die Indianer früher zu einem neuen Platz weiter, um der Natur Zeit zur Regeneration zu geben.

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Interessant war auch zu beobachten, wie die Indianer ein Boot herstellen. Sie nehmen dazu einen Baumstamm und brennen langsam die Mitte aus. Neugierig wie ich bin 😉 wollte ich wissen, warum sie nicht den Baum anderweitig aushöhlen. Der Grund hierfür liegt in der Bequemlichkeit. Bei ihrer Methode mussten Sie nur darauf achten, dass die Ränder immer feucht sind, so dass sie nicht mit verbrennen. Ansonsten konnten sie anderen Tätigkeiten nachgehen, während sich das Boot quasi von selbst herstellte.

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Die Nahrung der Indianer bestand viel aus Fischen und kleinen Vögeln (Hühner kannten sie nicht – diese wurden erst aus Europa eingeführt). Ansonsten haben sie viel Beeren und Getreide gegessen.

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Interessant war dabei der Dünger den sie verwandten – Heringe. Sie graben Löcher in den Boden und packen dann 2-3 Heringe herein und schließen dann die Löcher mit Erde, so dass ein Hügel entsteht. Darauf bauen Sie dann an.

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Die gesamte Bevölkerung der Wampanoag beträgt heute noch ca. 8.000 Personen. Ein Teil von ihnen wurden jedoch erst vor gut einem Jahr offiziell von der amerikanischen Regierung als Stamm anerkannt.

Nach diesem sehr interessanten Teil der Ausstellung ging es weiter zum Dorf der Pilgrims. Dieses wird nur von Rollenspielern bewohnt, die alle ihre Rolle im 17. Jahrhundert spielen. Das hieß natürlich auch, dass sie alle Dinge der heutigen Zeit nicht kennen.

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Das interessante an dem ganzen Freilichtmuseum war die Tatsache, dass es keine festen Regeln gab. Jeder bestimmt hier selbst, was ihn interessiert und was er lernt. Nur was man erfragt, wird man auch erfahren.

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Die Häuser eines solches Dorfes des 17. Jahrhunderts gehörten jedoch nicht ihren Einwohnern. Diese mussten die Häuser zwar bauen, hatten dafür aber auch nichts zu bezahlen, da die Rohstoffe alle kostenlos waren und es noch keine Währung gab. Die Häuser selbst gehörten jedoch der Company, in deren Auftrag sie mit nach Amerika gesegelt sind.

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Sobald neue Bewohner das Land erreichten, wurden sie erstmal in einem bestehenden Haus mit untergebracht. Dagegen konnte sich auch niemand wehren, da ja die Häuser nicht den Leuten gehörten. Erst nach der Ernte begannen die Neuankömmlinge dann ihre eigenen Häuser zu bauen.

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Der letzte Teil der Ausstellung ist die Handwerkswerkstatt, in der viele der Gegenstände für das Museum hergestellt werden. Unter anderem waren dies auch Indianerpfeile. Hier dauert die Herstellung eines einzigen Pfeils einen ganzen Tag. Kein Wunder, dass es keine Einwegprodukte waren 😉 .

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Nach soviel Geschichte ging es dann entlang der Küste über Duxbury, die Curnet Bridge (längste Holzbrücke der USA) und Quincy, wo wir lecker gegessen hatten (ich hatte Pizza mit Shrimps) zurück nach Boston. Hier noch ein paar Bilder von der Rückfahrt:

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Am Abend ging es dann nach ein paar Orientierungsschwierigkeiten noch auf ein Bier nach Boston und dann ab in die Heia, denn am nächsten Tag hieß es Aufbrechen nach Cape Cod.

Fazit:

  • Die Plymoth Plantation ist sicher eines der interessantesten Museen, die ich bisher gesehen habe
  • Der Trip ist für jeden Geschichtsinteressierten nur wärmstens zu empfehlen
  • Als Zeit sollte man mindestens 6 Stunden einplanen, man kann aber auch leicht länger dort bleiben

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