Meine Top 10 der Funktionen, die in Lightroom Classic fehlen

In meinem letzten Artikel zu Lightroom habe ich euch meine Gründe dargelegt, warum ich auch nach der Umstellung von Lightroom auf ein Abo-Modell und nachdem es nunmehr einige Alternativen gibt, weiterhin bei Adobe’s Software bleibe.

Nun könnte man meinen, dass aufgrund der doch vielen positiven Punkte ich wunschlos glücklich wäre mit Lightroom (Classic/CC/Mobile/Web), aber dem ist nicht so. Selbst nach über 10 Jahren fehlen in der Software Funktionen, die die Konkurrenz zu Teilen innerhalb viel kürzerer Zeit umgesetzt hat. Nichtzuletzt ist dies auch einer der Gründe dafür gewesen, warum ich mir einige Alternativen angeschaut hatte (auch wenn dies bislang noch nicht zu einem Wechsel führte).

Von daher geht es im Folgenden um die 10 Funktionen, die ich in Lightroom am meisten vermisse:

1. Synchronisierung von Stichwörtern zwischen Lightroom CC/Web/Mobile mit Lightroom Classic sowie Sensei Stichwörter nach Classic

Es mag komisch erscheinen, dass ein auf den ersten Blick so nachrangiges Thema wie Stichwörter hier ganz oben auftaucht, aber es ist einer der Bereiche, wo Adobe im Moment unglaublich viel Vertrauen bei mir zerstört hat.

Aber zum Hintergrund:

In allen Plattformen von Adobe (Classic, CC, Web, Mobile) können für Bilder Stichwörter vergeben werden. Der Unterschied ist die Art in der die Hinterlegung erfolgt.

In Classic können (müssen aber nicht) Stichwörter mit einer Hierarchie versehen werden, d.h. ich kann ein Stichwort „Orte“ anlegen und darunter ein Stichwort „Europa“ und darunter „Deutschland“. Gebe ich nun einem Foto das Stichwort „Deutschland“, ordnet Lightroom Classic CC automatisch die Stichwörter „Europa“ und „Orte“ zu. Dies ist sehr nützlich und spart eine Menge Zeit.

Lightroom CC/Mobile/Web unterstützen dagegen keine Stichwort Hierarchien, d.h. hier werden die Stichwörter nur Einzeln eingegeben.

Und hier liegt das Problem. Aufgrund der unterschiedlichen Handhabung können Stichwörter nicht mehr von Classic nach Web/Mobile und CC übertragen werden und umgekehrt synchronisieren sich keine Stichwörter von CC/Web/Mobile nach Classic. Dies ist insofern richtig doof, da gerade die Nutzung der Synchronisation nach Lightroom Web und Lightroom CC nützlich ist, wenn man unterwegs mal ein paar Stichwörter in seinem Katalog ergänzen will, da dafür kein leistungsstarker Computer oder eine schnelle Datenverbindung notwendig sind. Mit dieser künstlichen Trennung hat sich Adobe (und seinen Nutzern) keinen wirklichen Gefallen getan.

Der zweite Punkt in Bezug auf die Stichwörter betrifft Adobe Sensei, die intelligente Suche von Adobe. In Lightroom CC/Mobile/Web kann man nach beliebigen Begriffen suchen und Lightroom sucht dann nach passenden Bildern. Der Clou dabei ist, dass dafür keine Stichwörter notwendig sind, da die Software die Bilder analysiert und automatisch Stichwörter hinterlegt. Das gleiche gilt übrigens auch für Bildeigenschaften, wie z.B. Symmetrie, Rule-of-Thirds etc, welche automatisch analysiert werden. Dies funktioniert im Großen und Ganzen schon ganz gut, hat aber ein paar Haken.

  1. Adobe verrät uns nicht im Voraus, welche Stichwörter/Eigenschaften es für ein Bild gefunden hat. Man findet dies nur bei einer Suche heraus. Viel besser wäre es, wenn diese Stichwörter auch direkt in die Metadaten mit übernommen würden
  2. Diese Stichwörter sind in Lightroom Classic gar nicht sichtbar, obwohl es eigentlich kein Problem wäre, da diese Eigenschaften – wie ich jüngst herausgefunden habe – im Synchronisierungsprotokoll von Lightroom Classic enthalten sind!

Adobe verschenkt hier viele Punkt und es bleibt zu hoffen, dass hier noch nachgebessert wird. Für Classic User gibt es aber immerhin das Plugin Excire, welches die Verschlagwortung deutlich vereinfacht (hier habe ich die Software für euch getestet).

2. Layer, Namen für Lokale Korrekturen und Überblendmodi

Diesen Punkt (insbesondere die Layers-Funktion) haben schon viele als echtes Manko von Lightroom angesehen und lange Zeit habe ich hingenommen, dass es wohl technisch einfach zu komplex ist, Ebenen mit Überblendmodi in einem nicht-destruktiven Bearbeitungsprogramm zu integrieren.

Doch die Konkurrenz zeigt, dass dies kein Hinderniss mehr sein muss. Sowohl On1 Photo Raw, als auch Capture One, als auch Alien Exposure X4 bieten Ebenen in ihrem Workflow und das in den neuesten Versionen auch nicht-destruktiv, d.h. es müssen keine neuen Dateien angelegt werden.

Diese Funktionen eröffnen ein ganz neues Potential in diesen Programmen, da damit Ersetzungen des Himmels, Composings und andere Dinge direkt in der Bildverwaltung durchzuführen, ohne dass es notwendig ist extra ein Bildbearbeitungsprogramm aufzurufen.

Lässt man die Kombination mehrerer Bilder in Ebenen mal weg, wäre der Weg zu einer Verbesserung in Lightroom aber gar nicht so weit, denn die lokalen Werkzeuge (Pinsel, Radialfilter und Verlaufsfilter) haben schon viel von Ebenen gemein. Was ihnen aber noch fehlt ist:

  1. Überblendmodi, die bestimmen, wie eine Korrektur mit dem Basisbild verrechnet wird. Dies bedingt auch, dass man die Reihenfolge der Korrekturen im Bild festlegen können muss
  2. Benamung der Korrekturen. Im Moment ist es sehr unübersichtlich, wenn man mehrere Korrekturen hat, zu behalten, welche für was zuständig ist. Eine Benamungsfunktion würde hier für viel mehr Übersicht sorgen

Gerade der Fakt, dass die Konkurrenz hier viel weiter in der Umsetzung ist, stimmt doch nachdenklich, da sich Adobe hier aus meiner Sicht zu lang auf den Lorbeeren ausgeruht hat und in Punkto Bearbeitung doch ein wenig den Anschluss verliert. Da hilft auch das Bundle mit Photoshop nichts, denn damit wird immer der nicht-destruktive Arbeitsablauf unterbrochen.

3. Inhaltsbasiertes Füllen/Reparieren

Dieser Punkt ist auch seit langer Zeit auf der Wunschliste vieler Lightroom-Nutzer und so auch auf meiner. Einer der häufigsten Gründe, warum ich Photoshop aufrufe ist, dass ich Dinge in Bildern entfernen/wegstempeln möchte, die ansonsten stören würden. Oder aber, wenn in Panoramen an den Ecken etwas fehlt, nutze ich das inhaltsbasierte Füllen in Photoshop.

Bei einfachen Dingen geht dies mit den Korrekturen noch in Lightroom, doch der Reparieren-Pinsel kommt schnell an seine Grenzen. Insofern wäre es sinnvoll, die vorhandene Technologie des inhaltsbasierenden Füllen/Reparieren aus Photoshop nach Lightroom zu portieren, um auch hier den nicht-destruktiven Arbeitsablauf weiter zu verfeinern.

4. Hierarchische Presetordner

Die Organisation von Presets in Lightroom ist sehr rudimentär. Man kann diese zwar in Ordner packen, aber eine Verschachtelung von Ordnern ist schlichtweg nicht möglich.

Gerade bei vielen Presets wird es daher schnell unübersichtlich. Auch hier ist es unverständlich, warum Adobe über all die Jahre hier nicht Abhilfe geschafft hat

5. HSL in Verlaufs-/Kreisfiltern und Pinseln

Für exakte Farbkorrekturen vermisse ich die HSL-Regler in den lokalen Korrekturen (Pinsel, Verläufe). Es gibt eigentlich keinen Grund, warum diese hier fehlen, wo doch die meisten anderen Funktionen vorhanden sind. Und wenn man dabei ist, könnte man auch die Teiltonung noch mit übernehmen.

6. Frei wählbare Seitenformate im Buchmodul

Eigentlich ist das Buchmodul in Lightroom eine feine Sache, wenn man ein Fotobuch ohne viel Text erstellen will. Nur leider erstelle ich die meisten meiner Bücher im A4-Format und genau dieses – für Europa eigentlich dominierende – Format gibt es nicht.

Nur Buchformate, welche es über Blurb zu bestellen gibt, lassen sich in Lightroom auswählen – eine völlig unnötige Einschränkung, die bei mir dazu führt, dass das Buchmodul ungenutzt bleibt.

7. Bessere Rauschreduktion

Seit der ersten Version kann Lightroom Fotos entrauschen, aber seit langem gibt es einen Anbieter, der dies viel besser kann: DXO mit der PRIME-Rauschreduzierung.

Eine solche fehlt definitiv in Lightroom, denn ich möchte nicht das Programm wechseln, um ein Foto richtig zu entrauschen. Daneben würde es auch helfen, wenn eine lokale Entrauschung mit den Filter/Pinsel-Tools möglich wäre, die nicht nur einen einzigen Regler hat.

8. Integriertes Fokusstacking

Mit der Integration von HDR und Panoramen in Lightroom hat Adobe viele externe Bearbeitungschritte überflüssig gemacht.

Nur fürs Fokus-Stacking gilt dies noch nicht, obwohl es eigentlich recht ähnlich funktioniert. Insofern wäre es nur konsequent, auch diese Funktion in Lightroom zu integrieren. Und wenn man schon dabei ist, könnte man auch gleich noch eine Funktion zur Mittelwertverrechnung von Bildern einfügen. Was das ist? In Photoshop könnt ihr auch mehreren Fotos vom gleichen Standpunkt einen Mittelwert bilden. Dies hat zwei Vorteile:

  1. Das Bildrauschen wird reduziert
  2. Personen im Bild werden eleminiert, sofern sie sich zwischen den Bildern bewegt haben

9. Fokus Peaking / Fokuspunktanzeige

Gerade beim Aussortieren von Fotos ist es manchmal ganz hilfreich zu wissen, ob der Fokus bei mehreren Aufnahmen des gleichen Motives an unterschiedlichen Stellen lag, bzw. manchmal fragt man sich auch, wo die Kamera hinfokussiert hat. Es gibt für bestimmte Kameramodelle hier zwar ein Plugin (nicht von Adobe!), aber leider nicht für meine Kameras von Olympus.

10. Bessere Maskierungstools

Die Maskierungstools in Lightroom sind über die Zeit schon besser geworden, inbesondere seit der Einführung von Luminanz- und Farbmasken. Allerdings wäre es schön, wenn die Möglichkeiten aus Photoshop auch hier teilweise übernommen wurden, wie z.B. die automatische Motiverkennung, die Möglichkeit, Masken zu invertieren, Masken erweitern, der Zauberstab zur Maskierung oder aber eine Funktion wie AI-Mask, wie sie On1 für Photo Raw 2019 kürzlich vorgestellt hat.

Weitere 4 Dinge, die in Lightroom fehlen, aber mit Plugins möglich sind

Manche Funktionen habe ich oben bewusst nicht aufgeführt. Dies nicht, weil sie mir nicht wichtig sind – im Gegenteil: ich halte diese für essentiell – allerdings gibt es für diese Dinge Plugins, welche so gut integriert sind, dass zumindest solange es diese Plugins gibt, eine Alternative existiert. Zu diesem Funktionen gehören:

  1. Export/Veröffentlichen mit Ordnerstruktur:
    Warum dieses Thema nicht in Lightroom enthalten ist, erschließt sich mir einfach nicht. Wenn ich große Mengen an Bildern exportiere, welche in verschiedenen Ordnern sind, kann ich diese Struktur beim Export nicht beibehalten, sondern alles landet in einem Ordner. Gerade für Sicherheitskopien wäre dies aber in Verbindung mit den Veröffentlichungsdiensten ein massiver Gewinn an Funktionalität.
    Glücklicherweise gibt es das Plugin Folder Publisher von Jeffrey Friedl, welches genau das leistet!
    Leider hat aber auch noch kein anderer Anbieter diesen Mangel in seiner Lightroom-Alternative aufgegriffen.
  2. Fotobackups
    Lightroom hat mit den Veröffentlichungsdiensten eine gute Voraussetzung, um Backups von Fotos anzulegen. Gerade wenn man den Export mit Ordnerstruktur hinzunimmt, ist eigentlich schon fast alles da was man braucht (siehe auch mein Artikel zum Backup mit Lightroom). Was dann noch hilfreich wäre, ist eine Erweiterung der Veröffentlichungsdienste, so dass diese automatisch starten (z.B. nach einem festen Zeitplan, oder bei Änderungen von Fotos). Für mich gehört dies zu einer Bildverwaltungssoftware eigentlich dazu, denn zur Verwaltung von Bildern gehört auch deren Sicherung.
  3. Synchronisierung von Smartsammlungen
    Smart-Sammlungen sind toll, aber  leider nur in Lightroom Classic, denn im Gegensatz zu normalen Sammlungen, können diese nicht nach Lightroom CC, Lightroom Web oder Lightroom Mobile synchronisiert werden – zumindest nicht mit Bordmitteln.
    Aber der oben schon erwähnt Jeffrey Friedl hat auch hierfür ein Plugin geschrieben, welches sich Smart Collection Sync nennt. Ich nutze dies, um z.B. immer alle Fotos mit 3 oder mehr Sternen nach Lightroom CC zu synchronisieren.

Es gibt sicherlich noch weitere Punkte, welche in Lightroom besser gemacht werden könnten. Dies fällt immer dann natürlich ins Auge, wenn man die immer besser werdende Konkurrenz betrachtet. Hier fallen mir z.B. auf:

  • die Gruppierungsfunktionen in der Bibliotheksansicht von ACDSee Photo Studio ist wirklich gut gelöst
  • der Portraitfilter in On1 Photo Raw 2019 lässt mich neidisch werden (ebenso wie deren Ebenen-Technik)
  • der Sonnenstrahlenfilter in Luminar kann (dezent eingesetzt) tolle Effekte erzielen

Lightroom (Classic) lebt im Moment stark von der Substanz, d.h. die Konkurrenz holt mit großen Schritten auf und bildet zunehmend eigene Alleinstellungsmerkmale. Was Lightroom im Moment rettet, sind die immer noch besten Verwaltungsfunktionen, sowie die einzigartige, plattformübergreifende Synchronisierung von Fotos und das Gesamtpaket mit Lightroom Mobile/Web/CC, Adobe Portfolio).

Adobe sollte sich aber nicht darauf verlassen, dass nicht ein anderer Hersteller doch mal diese Punkte aufgreift und damit auch noch den letzten Lightroom-Anhänger ins Wanken bringt hinsichtlich eines Wechsels.