Reisebericht Kenia 2011 – Ein afrikanisches Sommermärchen. Teil 22: Zwischen den Mangroven

Am heutigen Tag führte uns Hans von Loesch mit seinem Boot in den Mwazaro Beach umgebenden Mangrovenwald, wo wir einiges über die Mangroven selbst und die hier lebende Tierwelt erfahren haben. Unter anderem haben wir Krokodile, Komorane, Eisvögel und Geier gesehen.

Inhaltsverzeichnis Reisebericht Kenia

Teil 1: Anreise nach Kenia Teil 9: Fahrt in die Masai Mara Teil 17: Mwazaro Beach
Teil 2: Kisumu Teil 10: Masai Mara Teil 18: Mwazaro Beach
Teil 3: Familienbesuch in Ndori Teil 11: Masai Mara Teil 19: Mombasa
Teil 4: Impala Sanctuary Kisumu Teil 12: Bei den Masai Teil 20: Mwazaro Beach
Teil 5: Kit Mikayi und Äquator Teil 13: Masai Mara Teil 21: Mwazaro Dorfbesuch
Teil 6: Schulen in Kenia Teil 14: Lake Nakuru Teil 22: Ramisi Delta Mangrovenwald
Teil 7: Ndori Teil 15: Lake Nakuru / Lake Naivasha Teil 23: Mwazaro Beach
Teil 8: Kibuye Markt Kisumu Teil 16: Zugfahrt nach Mombasa Teil 24: Rückreise

27.08.2011, Mwazaro Beach, 7 Uhr

Abreisetag… wie schnell doch drei Wochen Urlaub vergangen sind! Aber den heutigen Tag genieße ich noch hier am Mwazaro Beach, wenn auch allein, denn Milly ist nochmal allein nach Mombasa gefahren. Unser Rückflug geht erst heute Nacht los und so ist ein frühes Aufstehen die beste Möglichkeit, den Tag noch voll zu genießen, doch zunächst rücken jetzt erstmal die Geschehnisse des gestrigen Tages in den Vordergrund…

Wie heute, so hatte ich auch gestern nach dem Frühstück erstmal unser Reisetagebuch mit den neuesten Erlebnissen gefüttert und während ich dabei war, kam Hans vorbei und fragte, ob wir Lust auf die Mangrovenwaldtour hätten, die er in 20 Minuten starten würde. Es war kurz vor 11 Uhr gewesen und eigentlich hatten wir die Tour für den Nachmittag mit ihm geplant gehabt – aber egal, wir sind sind dann schon vormittags mitgekommen. In Kenia ist ein Zeitplan ja auch nur ein Anhaltspunkt 😉

Bevor es losging habe ich noch schnell beide Kameras zusammengepackt und dann ging es auf zum Boot, was schon in Strandnähe wartete. Dort hin zu kommen war für meinen Milly-Viktoriaseedelphin gar nicht so einfach . Schon in den letzten Tagen hatte sich deutlich ihre fehlende Zuneigung zu den Wellen des Ozeans gezeigt und so waren die besonders hohen Wellen der heutigen Flut nicht gerade erbaulich für sie. Als wir beide am Boot ankamen waren wir schon ziemlich durchnäßt und hatte mit Mühe die Elektronik trocken gehalten.

Die Ausfahrt aus der Bucht war dann auch nicht weniger wellenreich und es ging wie auf der Achterbahn immer bergauf und -ab, während Milly vor Vergnügen (oder Angst??) fröhlich vor sich hin schrie und ihr Gesicht eine deutliche Anspannung zeigte.

Wenig später sind wir dann bei ruhigerem Wasser am Flussdelta des Ramisiflusses angekommen, an dessen Ufern sich die Mangrovenwälder erstrecken. Hans klärte uns darüber auf, dass dies einer der wenigen (der einzigste?) Plätze auf der Welt ist, an dem alle Arten von Mangroven vorkommen.

Zunächst hielten wir kurz vor einer weißblütigen Mangrove. Ihr Blätter sollten wir kurz mal kosten, doch geschmeckt haben sie nicht, genauergesagt, waren sie einfach nur bitter. Was aber so bitter ist, muss auch für irgendwas gut sein und tatsächlich hilft das Kauen dieser Blätter bei Durchfall. So eine Mangrove hätten wir in der ersten Woche gebrauchen können…

Hans zeigte uns auch das beeindruckende Wurzelsystem der Mangroven. Trotz des salzigen Meerwassers können in diesem Gebiet auch Süßwassermangroven überleben, da sich die Natur in ihrer Genialität einen Filter aus Schlamm gebaut hat und sich Bakterien angesiedelt haben, die das Salz abbauen. Nur dank dieser Konstellation ist die hiesige Artenvielfalt gewährleistet. Rutschen dagegen normale Landbäume mit ihren Wurzeln ins Wasser, sind sie schon bald weiß und tot.

Und ist die Wasserversorgung der Mangroven nicht schon ein kleines Wunder der Natur, so ist die Fortpflanzung ein noch ein viel größeres. Der Samen der Mangroven besteht aus einem Schwimmer (der obere Teil) und der jungen Mangrove, die sich unten befindet. Fällt der Samen nun ins Wasser, so schwimmt er erstmal an der Oberfläche. Dabei kommt dann der Clou: der Schwimmer ist mit einer Art kleinem Propeller ausgestattet, der ihn in Rotation versetzt. Der unten hängende Sproß ist dagegen spiralförmig gewunden und so kommt es, dass sich die Mangrove von selbst wie ein Bohrer in den weichen Boden eingräbt. Dort wirft sie dann den Schwimmer ab und die ersten Triebe kommen bereits zum Vorschein.

Wiegesagt, ein Wunder der Natur und es funktioniert sehr gut, solang der Mensch als Störenfried nicht zu sehr eingreift, d.h. einen Kahlschlag vornimmt, denn Mangroven sind Harthölzer und für die ansässigen Digos ein beliebter Baustoff für ihre Häuser.

Als Hans als Aussteiger in diese Gegend kam, fand er ganze Teile des Mangrovenwaldes niedergeholzt vor. Seinem und dem Engagement seiner Gäste bei der Wiederaufforstung ist es zu verdanken, dass heute wieder ein richtiger Mangrovenurwald hier zu finden ist.

Um den Digos trotzdem den Bau ihrer Häuser zu ermöglichen, werden ihnen gezielt Plätze zugewiesen, die sie von zu dichtem Bewuchs befreien können. Dennoch stellt der Holzdiebstahl auch heute noch ein Problem dar.

Weiter ging es dann tiefer in das Flussdelta hinein, vorbei an Buchten für Schmuggler, Holzdiebe sowie Fischerbooten mit ihren Fischern bei der Jagd nach Fischen und Garnelen.

Unterwegs ließen sich auch noch ein paar Vögel blicken, wie der Seidenreiher, der Wollhalsstorch, der Graufischer, ein Komoran, ein Palmnussgeier und ein kleiner bunter Verwandter des Eisvogels.

In den Nebenarmen des Deltas war das Wasser absolut still und wie schienen quasi auf ihm zu schweben, umringt von den auf Stelzen stehenden Mangroven.

Eine Lehmwand mit vielen kleinen Löchern fand als nächstes unsere Aufmerksamkeit. Es sind die Behausungen der zahlreichen Graufischer, die hier leben. Den Bau der Häuser müssen dabei jedoch die Weibchen übernehmen, während die Männchen die Qual der Wahl haben, sich zur Paarungszeit das schönste Weibchen mit der schönsten Hütte auszusuchen 🙂

Je mehr wir den Fluss aufwärts weitergefahren sind, desto mehr wurde aus dem Salzwasser zunächst Brackwasser und zuletzt dann Süßwasser. Im gleichen Maße, wie sich das Wasser änderte, veränderte sich auch die Vegetation, denn statt der Mangroven weit und breit tauchten nun Königspalmen vor uns auf. Diese Palmen sind die größten ihrer Art und sie waren reich an Nüssen, die an ihnen herunterhingen. Diese Nüsse sind jedoch für uns Menschen kein Genuss, ganz anders jedoch für Paviane, die die Nüsse in Scharen abernten, sobald sie reif sind.

Leider war eine der Palmen umgeknickt, so dass wir ab hier nicht weiterfahren konnten und den Rückweg auf gleichem Wege antreten mussten, wie wir gekommen waren. Auf diesem begegneten uns weitere Bewohner des Flussdeltas – die Süßwasserkrokodile. Hans beruhigte uns, dass die Krokos nur Einheimische fressen würden. Dies erleichtert die meisten von uns, komischerweise Milly jedoch nicht…

Trotz aller lauernden Gefahren ( 😉 ) hatten wir es jedoch wieder heil zurück aufs Meer geschafft und fuhren zurück in Richtung Lodge vorbei an einem riesigen Baobab (Affenbrotbaum). Dieser mächtige Baum sieht zwar aus, wie ein Baum, ist aber kein typischer Vertreter seiner Art, denn er ist eher aufgebaut wie ein Kaktus, mit schwammähnlichen Konstruktionen im Inneren, um Wasser zu speichern. Transportiert wird das Wasser über die fasrige Außenhaut. Demzufolge findet man hier auch keine Jahresringe, woran man ihr Alter erkennen kann.

Nur kurz darauf waren wir wieder zurück in der Lodge angekommen, wobei uns die starken Wellen erhalten blieben. Milly war dann auch froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und ich war geschockt, wie stark ich mir Teile der Oberschenkels verbrannt hatte während der Tour. Damit bleibt mir in den kommenden Tagen wohl eine Erinnerung an die Tour…

Ein kleines Video gibt es auch wieder:

Den Rest des Tages habe ich dann Hans sein Buch über die Lodge noch zu Ende gelesen (Afrikanisches Schach). Es ist wirklich sehr lesenswert und gibt Einblicke in eine afrikanische Welt mit Geistern und Mythen, die uns so fremd sind und in deren Hände sich Hans ein ums andere Mal begeben hatte, als er Mwazaro Beach gegen zahlreiche Widrigkeiten aufgebaut hat.

Mit einem schmackhaften Abendessen und dem Blick auf die Sterne ging dann auch der vorletzte Abend unter Kenias Himmel zu Ende.

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