Urlaub an der Belgischen Küste – Tag 4: Brügge die Erste

Wieder wurden wir durch die Sonne in Blankenberge am heutigen Tage geweckt und ebenso sonnig ging der Tag bei unserem leckeren Frühstück weiter. Nach unserer Erfahrung mit dem Wind am Strand gestern, haben wir erstmal geschaut, wie es heute an der Küste aussehen sollte. Die Temperaturen sollten wie gestern sein, aber mit noch frischerem Wind. Von daher war der Strand definitiv keine Option. Stattdessen haben wir einen Ausflug nach Brügge geplant, da es dort sicher weniger windig sein würde und auch noch ein paar Grad wärmer.

Genau dort, wo auch die Küstentram abfährt, fuhr auch unser Bus nach Brügge. Wir hätten auch den Zug nehmen können, doch für den hätten wir nochmal extra bezahlen müssen, während der Bus in unserem 7-Tagesticket inklusive war. Zeitlich nehmen sich beide auch nicht viel, denn Brügge ist ja nur wenige Kilometer von Blankenberge entfernt.

Am Busbahnhof in Brügge angekommen, war es erstmal Zeit, Milo etwas Wasser zu geben, während ich kurz um den Brunnen mit den zahlreichen Skulpturen herumgeschlichen bin, um ein paar Fotos zu schießen, bevor wir uns auf in die Altstadt begeben hatten.

Brügge gilt als eine der besterhaltenen mittelalterlichen Städte Europas und diesen Umstand verdankt es ironischer Weise seinem Untergang. Aber der Reihe nach. Brügges Aufstieg kam mit dem Zugang zum Meer, welcher im Jahr 1134 durch eine Sturmflut entstand. Diese Flut führte zur Entstehung des Flüsschens Zwin. Dies förderte den Handel mit der ganzen Welt und schon bald wurden die Kaufleute der deutschen Hanse auf das Städtchen in Flandern aufmerksam.

Brügge wurde allerdings nie Hansestadt, sondern wurde eines von vier Handelskontoren der Hanse, neben London, Bergen in Norwegen und Nowgorod.

Damit begann die Zeit des Wohlstands in der Stadt und Brügge wuchs ungemein. Zeitweise lebten rund 200.000 Menschen in der Stadt – fast doppelt so viele wie heute und mehr als im damaligen London. Aber der Wohlstand fand ein jähes Ende, als die Konflikte mit den Adligen wuchsen, denen die reichen Kaufleute eine Konkurrenz waren und – noch viel dramatischer – die Zwin als Meereszugang langsam immer mehr versandete und so die Einfahrt der Schiffe langsam aber sicher unmöglich machte.

Schließlich gingen die Hansekaufleute aus Brügge weg ins nahegelegene Antwerpen und die Stadt fiel in einen langen, 400-jährigen Dornröschenschlaf. Erst nach den Weltkriegen erwachte das Städtchen aus seinem Schlaf, als britische Soldaten die unversehrte mittelalterliche Stadt entdeckten und erste Restaurierungsarbeiten begannen.

Heute erwartete uns eine herausgeputzte Stadt, die voll und ganz auf den Tourismus ausgerichtet ist und die Touristen strömen tagein tagaus nach Brügge. Wir sind deshalb auch dem Rat unseres Reiseführers gefolgt und sind unter der Woche hierher gekommen, um den ganz großen Touristenmassen zu entgehen.

Unser Weg führte uns zunächst zur Sint-Salvators-Kathedrale, die aber im Moment noch geschlossen war, weswegen wir direkt weitergegangen sind zur Liebfrauenkirche.

Hier war geöffnet, aber für den Besuch wurden 4 Euro Eintritt fällig. Milly hatte nicht wirklich Lust, also bin ich kurz allein hinein. Der Bau der im gotischen Stil gehaltenen Kirche begann um 1210 und mit einigen Anbauten endete die Bauphase gegen 1480.

Berühmt ist die Kirche für die Brügger Madonna, einer Statue von Michelangelo aus die Jahr 1503. Eigentlich war die Statue für den Dom in Siena bestimmt, aber Michelangelo verkaufte sie nach Brügge. Das besondere an der Darstellung hier ist, dass Maria nicht wie üblich mit Jesus im Arm steht, sondern hier sitzt und Jesus auch kein Baby sondern bereits ein kleiner Junge ist.

Neben der Madonna ist aber auch der hintere Teil des Kirchenschiffes sehenswert mit den bunten Glasfenstern und den reich verzierten Wänden, sowie den Gräbern von Karl dem Kühnen (Herzog von Burgund und Luxemburg) sowie seiner Tochter Maria von Burgund.

Ich hatte mich aber nicht zu lang aufgehalten, schließlich wartete Milly mit dem Kleinen draußen. Von daher ging es zügig weiter und unser Weg führte uns durch den Hof eines ehemaligen Hospitals, welches heute einige Museen beherbergt (u.a. ein Biertasting-Museum, wo man sage und schreibe 104 Sorten Bier für 10 Euro probieren kann). Nicht ganz kindgerecht, also gingen wir weiter. Da es mittlerweile kurz vor 3 Uhr war, sind wir wieder zur Sint-Salvator-Kathedrale zurückgelaufen, welche um 3 Uhr wieder öffnen sollte.

Die Kathedrale wurde gerade restauriert, so dass einige Teile nicht begehbar waren, aber trotzdem waren einige der schönsten Fenster zu sehen. Insgesamt ist die Kirche deutlich schlichter aber auch freundlich hell gehalten.

Nach einigen Minuten waren wir aber schon wieder draußen, denn es war Zeit für eine Pause mit Milo.

Erholt ging es dann danach weiter in Richtung des Marktplatzes. Der Weg dorthin war wieder geziert von zahlreichen schön restaurierten alten Häusern.

Der Marktplatz ist – wie es schon in Brüssel und Antwerpen der Fall war – die gute Stube der Stadt. Dominiert wird der Platz durch den Belfried und den Provinzialhof. Während letzter der Regierungssitz der Region Westflandern ist, war der Belfried aus dem 13. Jahrhundert einst u.a. ein Lagerhaus für die Waren, die mit dem Schiff nach Brügge kamen, denn was man heute nicht mehr so erkennt ist die Tatsache, dass zur Blütezeit Brügges der Marktplatz direkt am Fluss lag und hier die Schiffe anlegen konnten.

Neben der Lagerfunktion diente der hohe Turm des Belfried auch als Brandwache und bis heute gibt es ein Gesetz, dass kein Gebäude der Stadt den 83m hohen Turm überragen darf.

Auch die restlichen Gebäude am Marktplatz waren alle schön hergerichtet und sehenswert und so kamen wir auf die Idee, doch hier ein kleines Nachmittagsbier zu trinken. Diese Idee war aber schnell verworfen, als wir die Preise gesehen hatten. 6-8 Euro für ein 0,3l-Glas wurden hier aufgerufen – soviel war uns der Blick dann doch nicht wert und wir sind einfach eine Seitenstraße weitergegangen, wo wieder ein normales Preisniveau herrschte.

Milly hatte dann ihr obligatorisches Kriek genommen (Kirschbier), während ich einen Straffen Hendrik Quadrupel bestellt hatte, ohne wirklich zu wissen, was mich erwartet (abgesehen davon, dass ich wusste, dass es ein starkes Bier ist). De Straffe Hendrik ist eine lokale Biersorte aus Brügge, die von der letzten Brauerei in Familienbesitz hergestellt wird. Die Brauerei heißt „De halve Maan“ und existiert seit 1856. Das Quadrupel ist dabei das stärkste ihrer Biere und hat stolze 11 Prozent Alkohol – mehr als ein süßer Moselwein. Entsprechend vollmundig ist aber auch der Geschmack, der zwischen Schoko und Karamell vermischt mit fruchtigen Noten und einer ordentlichen Portion Herbheit schwankte. Milly fand das Bier sehr bitter, was ich nicht bestätigen konnte, auch wenn es eine leicht bittere Note hatte. Insgesamt hat es mir sehr gut geschmeckt, auch wenn eine Flasche (0,5l) mehr als genug waren, immerhin entspricht dies einer ganzen Flasche leichten Weins…

So „gestärkt“ sind wir dann weiter gezogen entlang der Gasse neben dem Provinzialhof. Hier haben wir uns noch eine Waffel mit Karamell gegönnt, bevor wir auf den Burgplatz kamen.

Hier befindet sich das reich verzierte Rathaus der Stadt und die Heilig-Blut-Basilika. Letztere hat ihren Namen daher, da sie eine der wichtigsten Reliquien des Christentums beherbergt: eine Ampulle mit dem Blut Christi.

Für uns ging es jedoch direkt weiter durch die Blinde-Ezelstraat – die Blinder-Esel-Gasse. Der kuriose Name dieser Gasse ist historisch bedingt. Einst war an der Ecke der Gasse eine Mühle, welche von einem Esel angetrieben wurde. Damit der Esel jedoch nicht merkte, dass er ständig nur im Kreis lief, wurden ihm die Augen verbunden – daher der Name dieser Straße.

Hier kamen wir dann auch an einen der Kanäle, die Brügge durchziehen und die ebenfalls zu dem besonderen Charakter der Stadt beitragen. Unser Tag neigte sich jedoch schon langsam dem Ende zu und es war Zeit, noch etwas zu Essen zu finden, bevor wir wieder den Bus zurück nach Blankenberge nehmen wollten.

Milly hatte Lust auf Miesmuscheln in Käsesoße und fündig wurden wir im Poules Moules am Simon Stevinplein. Sie hatte also Muscheln mit Roquefort-Soße bestellt und ich die Muscheln in Brügger Bier. Beides war sehr gut und so hatte der erste Tag in Brügge (wir werden sicherlich noch ein- oder zweimal herkommen in den kommenden Tagen) einen guten Abschluss gefunden.

Nun hieß es nur noch die paar Meter zurück zum Bus zu laufen und eine halbe Stunde später waren wir zurück im Hotel, wo wir den Tag ruhig ausklingen ließen.

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