Reisebericht Kenia 2011 – Ein afrikanisches Sommermärchen. Teil 21: Mwazaro Village – Leben mit den Göttern des indischen Ozeans

Am heutigen Tag stand eín Besuch des Dorfes Mwazaro auf dem Plan. Dieses Dorf in der Nähe unserer Lodge ist vom Tourismus recht unberührt und lebt in Einklang mit der Lodge, die sie an vielen Stellen unterstützt. Es gab viel neues zu erfahren über das Leben in Kenia, die Missstände, aber auch, wie Touristen helfen können.

Inhaltsverzeichnis Reisebericht Kenia

Teil 1: Anreise nach Kenia Teil 9: Fahrt in die Masai Mara Teil 17: Mwazaro Beach
Teil 2: Kisumu Teil 10: Masai Mara Teil 18: Mwazaro Beach
Teil 3: Familienbesuch in Ndori Teil 11: Masai Mara Teil 19: Mombasa
Teil 4: Impala Sanctuary Kisumu Teil 12: Bei den Masai Teil 20: Mwazaro Beach
Teil 5: Kit Mikayi und Äquator Teil 13: Masai Mara Teil 21: Mwazaro Dorfbesuch
Teil 6: Schulen in Kenia Teil 14: Lake Nakuru Teil 22: Ramisi Delta Mangrovenwald
Teil 7: Ndori Teil 15: Lake Nakuru / Lake Naivasha Teil 23: Mwazaro Beach
Teil 8: Kibuye Markt Kisumu Teil 16: Zugfahrt nach Mombasa Teil 24: Rückreise

Mwazaro Beach, 26.08.2011, 10 Uhr

Heute ist leider schon der vorletzte Tag unserer Reise angebrochen und bevor wir nachher noch eine Tour den Mangrovenwald unternehmen, fasse ich noch kurz den gestrigen Tag zusammen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück haben wir uns beide zusammen mit zwei weiteren Gästen Hamisi, einen Mitarbeiter der Lodge, geschnappt, um mit ihm sein kleines Dorf, welches unweit der Anlage ist, zu besichtigen. Das Dorf heißt wie der Strand Mwazaro und ist nur wenige hundert Meter vom Meer entfernt.

Es ging als raus aus der Lodge, vorbei am heiligen Baobab (mehr dazu in den kommenden Tagen) und auf diversen Feldwegen vorbei an Mais, Bananen und diversen anderen Pflanzen, bis wir beim Dorf angekommen waren.

Hamisi erklärte uns auf dem Weg, dass viele der Bäume in der Gegend von Jörg, der die Lodge leitet, gepflanzt wurden, denn nur Land, welches bepflanzt ist, gehört auch den ansässigen Bewohnern und ist so vor Landdiebstahl sicher. Das Land gehört zwar auch so den ansässigen Menschen vom Stamm der Digos, doch wenn es leer ist, kann auch ein kenianischer Beamter kommen und sich Grund und Boden unter den Nagel reißen. Die Lodge hilft mit dieser Aktion also den Einheimischen, ihr Land zu sichern und auch in anderen Dingen ist sie der lokale Entwicklungshelfer. So wurde für eine Schule mit Englischunterricht gesorgt, Hans betätigt sich als Doktor und auch bei Krankentransporten hilft die Lodge. Daneben ist sie natürlich auch wichtiger Arbeitgeber.

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Bei den ersten Häusern angekommen, konnten wir sehen, wie hier gebaut wird. Die Häuser bestehen aus einem einfach Holzgerüst – meist aus Mangrovenholz. Die Lücken zwischen dem Holzgerüst werden mit Lehm gefüllt und fertig ist das Haus. So billig diese Bauweise ist, so hat sie auch einen Nachteil, denn mit der Zeit verrottet das Holz und in der Regenzeit ist auch der Lehm nicht allzu beständig. Insofern heißt es für die Digos, dass jeweils nach 2 Regenzeiten ein neues Haus an anderer Stelle gebaut werden muss.

Steinhäuser gibt es zwar auch, doch diese sind für die meisten hier zu teuer und entsprechen nicht der alten Nomadenlebensweise. Ein kleines Steinhaus kostet ca. 3000 EUR – viel Geld bei Monatslöhnen unter 100 EUR.

An jedem Haus, an dem wir vier Touristen vorbeigekommen sind, empfing uns schon ein fröhliches „Jambo“ und „How are you“ aus der Ferne. Es sind die Kinder, die uns in der Hoffnung auf Süßigkeiten so freudig begrüßen. Sie ahnen noch nicht, dass ihre Hoffnungen heute vergebens sind…

Neben den großen Lehmhütten kamen wir auch an einer kleinen Hütte vorbei, in die kein Mensch normaler Größe passt. Wie eine Hundehütte sah sie jedoch auch nicht aus. Hamisi klärte uns dann darüber auf, dass in solchen Hütten die Hühner verweilen, wenn sie nicht grad draußen rumlaufen.

Nur ein paar Schritte weiter hielten wir erneut und Hamisi zeigte uns eine grün-rote Frucht, die eine erdbeerähnliche Form hat, jedoch nicht zum Essen da ist. Stattdessen wird sie von den Dorfeinwohnern als Make Up genutzt, denn der rote Saft der Frucht eignet sich hierfür sehr gut.

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Auf dem weiteren Weg kamen wir dann vorbei an Orangenbäumen, deren Früchte leuchtend grün herabhingen. Wer jedoch darauf wartet, dass die Orangen eine gelborange Farbe annehmen, der wartet vergebens, denn über ein grüngelb kommen auch die reifen Orangen hier nicht hinaus. Auch vom Geschmack sind sie viel weniger süß als bei uns, sondern eher säuerlich. Zudem sind sie auch nicht so saftig.

Schließlich waren wir im Hauptbereich des Dorfes angekommen, umringt von einer mittlerweile ansehnlichen Schar von Kindern. Neben all den Lehmhütten befindet sich hier auch ein einzelnes Steinhaus – das Haus des Dorfvorstehers. Das Dorf ist für hiesige Verhältnisse schon recht groß und wächst stetig, nicht zuletzt, da sich die Unterstützung durch die Lodge schnell herumgesprochen hat.

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Vorbei an der kleinen Dorfmoschee, die jedoch ohne die typischen Türme auskommen muss, kommen wir dann zur Dorfschule, die zum Teil mit Unterstützung einer Kölner Hilfsorganisation aufgebaut wurde. Der Platz in der Schule ist aber jetzt schon zu eng für die vielen Kinder und so gibt es noch zwei provisorische Klassenzimmer unter einem Palmendach im Freien.

An Schulklassen mit nur 20-30 Kindern ist hier natürlich nicht zu denken, zum Teil haben die Kinder nicht mal mehr einen Stuhl und setzen sich einfach auf den Boden vor die Tafel. Die Häuser mit den Palmendächern werden übrigens Makuti genannt.

Hamisi erklärte uns dann, dass auch die Gäste der Lodge immer die Möglichkeit haben, dass Dorf zu unterstützen, indem sie in der Lodge eine Spende hinterlassen. Jörg von der Lodge verwaltet dieses Geld dann und das Dorf teilt Jörg mit, welche Anschaffungen am dringensten sind. Wir alle waren uns einig, dass wir nach der Tour auch unseren kleinen Beitrag leisten werden.

Durch unseren kleinen Spaziergang durch das Dorf hatte sich die Kinderschar auf über 30 vermehrt und immer wieder kamen welche hinzu. Währenddessen führte uns der Weg entlang der Zufahrtsstraße am Brunnen vorbei und zu einer Gruppe von Bewohnern, die gerade Mais vom Kolben trennten, um ihn anschließend zu Mehl zu verarbeiten.

Anschließend kamen wir am örtlichen „Kino“ vorbei, was mehr einer Fernsehstube glich. An der Tür wurde kurz der Fernsehfilm für den Abend angekündigt, aber wir haben uns dennoch entschieden, ihn uns nicht anzuschauen.

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Und dann kam der Moment auf den die dutzenden Kinder um uns schon die ganze Zeit gewartet haben – wir waren beim Shop angekommen. Man konnte in jedem Kinderaugenpaar förmlich die Hoffnung auf eine süße Kleinigkeit sehen und genauso die kurz darauf folgende Enttäuschung, als eine Großpackung mit Maismehl herausgetragen wurde. Wir hatten nämlich entschieden, dass wir nicht nur den Kindern was gutes tun wollen, sondern stattdessen den Familien etwas geben wollen, was sie dringend brauchen – und von Mehl haben sie deutlich mehr, als von Süßigkeiten.

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Hamisi hatte die Kinder dann erstmal zur Ruhe gebracht und so sortiert, dass die Kinder einer Familie immer beisammen standen und auch zusammen zu uns kamen, denn pro Familie gab es eine Packung Mehl, so dass es gerecht war. Ich habe dann den Kindern einem nach dem anderen sein Mehl gegeben und alle haben sich artig bedankt, wenn auch mit enttäuschten Augen.

So ganz wollten sie die Hoffnung aber auch noch nicht aufgeben und folgten uns noch weiter durch das Dorf und vier blieben sogar noch bis kurz vor die Lodge.

Auf dem Rückweg hat uns Hamisi noch kurz sein eigenes Haus gezeigt. Es ist ein Steinhaus, was jedoch noch nicht fertig ist. Jedes Jahr spart er etwas von seinem Lohn, um weiterbauen zu können und er ist sichtlich stolz auf das, was er schon geschafft hatte. Ich denke sein Traum vom Haus wird er sich erfüllen, denn seine Zielstrebigkeit ist für die hiesigen Bewohner schon außergewöhnlich.

Zurück bei der Lodge hat Hamisi dann auch seinen verdienten Lohn für die ausführliche und sehr interessante Dorfführung erhalten und auch eine Spende für das Dorf haben wir direkt noch da gelassen. Anschließend haben wir als kleinen Snack eine Kokosnuss geöffnet, die wir im Dorf gekauft hatten.

Den Rest des Tages war dann Entspannung angesagt und ich habe vor allem in dem Buch gelesen, welches Hans (der Gründer der Lodge) geschrieben hat. Es heißt „Afrikanisches Schach“ und handelt von Hans seiner Geschichte, wie er diesen Ort entdeckt hat und welche Hürden er nehmen musste, bis alles so wurde, wie wir es heute vorfinden.

Jetzt wo wir diesen Platz ein wenig kennen, habe ich das Buch und seine Geschichten rund um den Geisterkult der Digos quasi verschlungen.

Am Abend sollte uns Hamisi eigentlich noch kurz zum heiligen Baobab-Baum (ein Affenbrotbaum) der Digos bringen, doch leider hatte er keine Vertretung für seine Arbeit gefunden und so mussten wir dies verschieben. Während der Tour am Vormittag konnten wir auch nicht zum Baum gehen, da dort gerade für einen Kranken gebetet wurde und bei sowas keine Touris erlaubt sind (was zu verstehen ist…).

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Hier gibt es noch ein Video von unserer kleinen Dorftour (inkl. der Besichtigung des Baobab am letzten Tag):

Schließlich waren wir noch eine Runde im Wasser, bevor wir uns langsam zum Abendessen fertig gemacht hatten, wo ich für Milly noch eine kleine Überraschung hatte, denn heute sollten wir mal nicht mit allen anderen Essen, sondern zu zweit allein und umgeben vom Meeresrauschen. Wir haben das Essen dann auch mit einem Glas Wein genossen, nur statt Kerzen musste eine Akkuleuchte herhalten, da sonst der Wind ständig die Kerze ausgeblasen hätte. Also ein romantisches Akkulight-Dinner 😉

Und damit ging dann auch der schöne gestrige Tag am Mwazaro Beach zu Ende…

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